Die „Fridays for Future“-Demonstrationen sind längst zu einem weltweiten Phänomen geworden. Jeden Freitag bleiben Schüler dafür in verschiedenen, wechselnden Städten jeweils freitags für ein paar Stunden der Schule fern und fordern von ihren jeweiligen Regierungen die Einhaltung von Klimaschutzabkommen.

Greta Thunberg trifft Papst Franziskus auf dem Petersplatz; Quelle: bazonline.ch
Die 16jährige Schwedin Greta Thunberg, die den Protest unter dem ursprünglichen Namen „Skolstrejk för klimatet“ („Schulstreik für das Klima“) initiiert hat, wird mittlerweile auf höchsten Ebenen empfangen. Karfreitag kam es sogar zu einem medienwirksamen Handschlag zwischen ihr und Papst Franziskus auf dem Petersplatz.
Offen ist indes, wie problematisch die Regelverletzung in Form des Fernbleibens vom Unterricht ist. Insbesondere ist zu überlegen, ob diese möglicherweise neurechten Protestformen ungewollt in die Hände spielen kann. Dabei geht es namentlich um die Frage, ob und inwieweit die „Fridays for Future“-Demonstrationen und neurechte „Widerstands“-Handlungen insoweit eine Logik teilen, als die jeweiligen Protagonisten den Regelbruch für notwendig halten, um ihre Anliegen durchzusetzen, womit sie, wenn auch in unterschiedlicher Qualität, am Rechtsstaat rütteln.
In linken und linksliberalen Milieus werden solche Erwägungen vor allem in den sozialen Medien oft vorschnell und empört zurückgewiesen. Die zugehörige Gegenargumentation läuft fast immer darauf hinaus, mit dem Klimaschutz den fraglos guten Zweck der Schülerstreiks hervorzuheben und aus diesem abzuleiten, dass die Schulpflichtverletzung die Ausübung eines notwendigen „zivilen Ungehorsams“ sei.
Wie nachfolgend aufzuzeigen ist, überzeugt dieser Einwand jedoch nicht, vor allem dann nicht, wenn man ihn in einen größeren Kontext setzt und dabei neben aktuellen neurechten auch regelbrechende linke Protestformen aus den letzten Jahrzehnten wie die Anti-Atomkraft-Bewegung in den Blick nimmt. Vorweg sei betont, dass es hier nicht darum geht, das wichtige materielle Anliegen des Klimaschutzes und den Einsatz der Schüler hierfür in irgendeiner Weise zu diskreditieren, sondern nur um die Prüfung der rechtlichen Logik der in der Öffentlichkeit zugunsten der Schulpflichtverletzung vorgebrachten Argumente.
Die neurechte Theorie des Regelbruchs
Fraglos ist der Klimaschutz ein äußerst wichtiges Anliegen. Insofern ist der grundsätzliche Einsatz der Schüler für selbigen sehr positiv zu bewerten. Anders sieht es im Hinblick auf die regelmäßige Schulpflichtverletzung aus. Zwar wird nicht in jeder Stadt an jedem einzelnen Freitag gestreikt, sondern zumeist höchstens einmal pro Monat, aber auch darin liegt ein mehr als nur gelegentliches Fernblieben vom Unterricht.
Bewusste Regelbrüche zur Durchsetzung eigener Anliegen sind in einer rechtsstaatlichen Demokratie immer heikel. Das zeigt sich vor allem dann, wenn man die Perspektive wechselt und sich bestimmte Protestformen von rechts aus den letzten Jahren anschaut. Und dabei überlegt, ob die Schulpflichtverletzung der „Friday for Future“-Bewegung es erschweren könnte, Regelbrüchen von rechts entgegenzutreten.
Seit dem Jahr 2016 propagiert die Neue Rechte als Reaktion auf die Flüchtlingskrise, dass man „die kleine Ordnung stören“ müsse, „um die große Ordnung zu erhalten“. Gemeint damit sind etwa Blockaden von Flüchtlingsheimen oder von Grenzübergängen. Den theoretischen Überbau für solche Forderungen lieferte im selben Jahr der neurechte Jurist Thor v. Waldstein in einem Gutachten mit dem Titel „‚Wir Deutschen sind das Volk‘ – Zum politischen Widerstandsrecht der Deutschen nach Art. 20 IV Grundgesetz in der ‚Flüchtlingskrise‘“, das im vom neurechten Verleger Götz Kubitschek mitgegründeten „Institut für Staatspolitik“ veröffentlicht wurde. Art 20 Absatz 4 des Deutschen Grundgesetzes sieht vor, dass jeder Deutsche gegen jeden, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen, das Recht zum Widerstand hat, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
In dem erwähnten Gutachten behauptet Thor von Waldstein, dass die Voraussetzungen von Art. 20 Abs. 4 eingetreten seien, weil die Flüchtlingspolitik einen „Putsch von oben“ bzw. einen „Staatsstreich der Regierung“ darstelle. Insbesondere würden „nach der von der Kanzlerin und ihrer Regierung zu verantwortenden Auflösung der Staatsgrenze Deutschlands nunmehr auch die Deutschen selbst in ihrer bisherigen Lebensform ‚grenzenlos‘, also nach und nach in die Minderheitenrolle gedrängt und am Ende als Volk ausgelöscht werden“. Mit dieser hanebüchenen Begründung tat von Waldstein also so, als stünde die hiesige verfassungsmäßige Ordnung kurz vor dem Kollaps und folgerte daraus, dass nun Regelbrüche wie die oben geschilderten gerechtfertigt seien.
Regelbruch für den Klimaschutz?

Friday for Future-Demo in Berlin, 25.1.2019; Quelle: wikipedia.org
Die für den Klimaschutz streikenden und die Schulpflicht brechenden Schüler gehen selbstverständlich nicht so weit, sich auf ein Widerstandsrecht zu berufen. Sie, oder mehr noch ihre Verteidiger führen wie eingangs erwähnt stattdessen oft einen diffusen „zivilen Ungehorsam“ als Legitimationsgrundlage an. Manche rücken Greta Thunberg gar in die Nähe eines Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. Die weitere Argumentation vollzieht sich sodann auf mehreren Ebenen.
Beliebt ist vor allem, darauf hinzuweisen, dass die Schüler anders als neurechte „Widerständler“ nicht behaupten, dass die verfassungsmäßige Ordnung gefährdet sei, sondern nur die Einhaltung verbindlicher Klimaschutzabkommen einfordern. Das ist zwar richtig, ändert in der Sache aber nicht allzu viel, weil auch diese Argumentation zumindest auf ein Staatsversagen in einem Teilbereich hinausläuft. Auf diesen Aspekt hat Reinhard Müller Ende März in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aufmerksam gemacht, als er unter dem Stichwort „Rechtsbruch als Protestform“ schrieb, dass hinter der Schulpflichtverletzung letztlich „die Haltung steht, diese staatliche Ordnung, das System sei nicht in der Lage, die geeigneten umweltpolitischen Maßnahmen zu treffen, um das Land und den Planeten zu retten“.
Ein weiterer Argumentationsstrang der Verteidiger der Schüler hebt den Umstand hervor, dass diese sich mit dem Klimaschutz für etwas und ergo anders als Neurechte, die gegen die Flüchtlingspolitik oder Bundeskanzlerin Merkel agitieren, nicht gegen etwas starkmachen. Dieses Argument erweist sich jedoch ebenfalls als dünn. Denn Neurechte behaupten ja durchaus auch, für etwas zu streiten, namentlich für den „Erhalt der großen Ordnung“. Zudem lässt sich ganz generell so gut wie jeder Einsatz gegen etwas semantisch in einem Kampf für etwas umformulieren.
Heiligt der Zweck die Mittel?
Nicht weniger flach ist die vielfach zu lesende Behauptung, dass der Klimaschutz nun einmal etwas Wichtiges und der Schulstreik allein deshalb legitim sei. Denn so eine Argumentation läuft auf das schlichte Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“ hinaus. Wer so argumentiert, eröffnet Neurechten Tür und Tor, da diese in Anlehnung an Götz Kubitschek ebenfalls behaupten könnten, dass bestimmte ihrer Anliegen außerordentlich wichtig und deshalb Grund für einen Regelbruch im Sinne eines Schutzes der „größeren Ordnung“ seien, etwa die Forderung nach einer strikteren Anwendung geltender Asylgesetze oder die Abwehr der „Islamisierung“. Das ist keine nur theoretische Überlegung.
Im rechten Milieu wird längst beklagt, wie angeblich unfair die „Identitäre Bewegung“ im Vergleich zu den „Fridays for Future“-Aktivisten behandelt werde. So fragte Dieter Stein, der Chefredakteur der Wochenzeitung „Junge Freiheit“, Anfang Mai in selbiger unter dem Titel „Die geächteten Aktivisten“ empört, „warum bei den ‚Identitären‘ in der Öffentlichkeit nicht auch wie bei den „Fridays for Future“-Schülern, die mit Entschuldigung der Eltern, unter dem Jubel vieler Medien und mit dem Segen der Kanzlerin auf die Straße gehen, von ‚mutigen Aktivisten‘, sondern von ‚Extremisten‘ die Rede“ sei.
Stein propagierte nicht ausdrücklich Regelbrüche, erwähnte aber affirmativ die „spektakulären Aktionen“ der Identitären, darunter das Besteigen des Brandenburger Tors zum Zweck des Hissens eines Banners mit dem Slogan „Sichere Grenzen – Sichere Zukunft“, sowie einen Hubschrauberflug im Jahre 2018 zu einem Alpenpass, wo die Identitären sodann „mit Dutzenden Mitstreitern eine symbolische Sperre gegen illegale Migranten“ errichtetet hätten. Zwar wurden die meisten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Identitäre eingestellt, aber gerade mit Blick auf Steins Text ist es mehr als nur denkbar, dass rechte Bewegungen anlehnend an die „Fridays for Future“-Bewegung künftig Ordnungswidrigkeiten wie eine Schulpflichtverletzung propagieren könnten.
Gewiss, der Impuls, eine Protestform zu verteidigen, die wie die „Fridays for Future“-Bewegung ein fraglos sehr wichtiges Anliegen verfolgt, hingegen Regelbrüche als Kampfmittel gegen rechte Phantasmen wie den „Bevölkerungsaustausch“ oder die „Islamisierung“ abzulehnen, ist verständlich. Doch am Ende läuft dieser Ansatz dennoch unvermeidlich auf ein Denken à la „guter Zweck“ versus „schlechter Zweck“ hinaus. Wer aber soll entscheiden, welche Zwecke Regelbrüche legitimieren und welche nicht? Bei absurden Vorstellungen von einem Bevölkerungsaustausch oder einer „Islamisierung“ ist es leicht, den Kampf dagegen als gutzuheißenden Zweck abzulehnen. Bei der konsequenteren Durchsetzung der Abschiebung von Asylbewerben ohne Aufenthaltsanspruch wird es schon schwieriger. Und weitergedacht: Was wäre, wenn Rechte insoweit etwa zu Streiks z.B. von Feuerwehrleuten oder Krankenhauspersonal aufrufen und die jeweiligen öffentlichen Arbeitgeber das ähnlich wie manche Schulen akzeptieren würden, etwa, indem die ausgefallenen Tage von den Urlaubstagen abgezogen werden? Klingt fernliegend? Angesichts des Zuspruchs, den die AfD in Ostdeutschland inzwischen als dort stärkste Partei hat, könnte das durchaus mehr als nur ein Gedankenspiel sein.
Auch bei der expliziten Berufung auf einen angeblich legitimen „zivilen Ungehorsam“ handelt es sich um einen untauglichen Versuch, eine Legitimationsgrundlage für die andauernde Verletzung der Schulpflicht zu finden. Zunächst einmal kennt das deutsche Grundgesetz mit seinem Rechtsstaatsprinzip aus gutem Grund keinen allgemein erlaubten zivilen Ungehorsam. Es gibt lediglich gerichtliche Einzelfallentscheidungen, in denen es bei der Beurteilung von Regelbrücken zu einer Kollision von verschiedenen grundgesetzlichen Normen kam. Viele dieser Urteile betreffen die in Art. 8 des Grundgesetzes garantierte Versammlungsfreiheit. Diese genießt einen hohen Schutz, weil sie vor allem in einer repräsentativen Demokratie wie der deutschen eine wichtige Möglichkeit für Bürger ist, ihre Anliegen in die politische Debatte einzubringen. Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit anderen Bestimmungen des Grundgesetzes, obliegt es den Gerichten, im Einzelfall festzustellen, welche Bestimmung im Sinne einer „praktischen Konkordanz“ höher zu werten ist und ob ein regelbrechendes Verhalten zu sanktionieren ist oder nicht.
So befand etwa das Verwaltungsgericht Hannover im Jahre 1991, dass in dem zu entscheidenden Fall der Versammlungsfreiheit der Vorrang vor der in Artikel 7 des Grundgesetzes wurzelnden Schulpflicht einzuräumen sei. Dabei ging es um die einmalige Teilnahme eines Schülers an einer Demonstration gegen den damaligen Irak-Krieg, die um 12 Uhr beginnen sollte. Für das Gericht war dabei „der Umstand, dass durch Teilnahme an der Demonstration nur verhältnismäßig wenig Unterricht ausfällt“, besonders zu berücksichtigen. Somit machen sich es Verteidiger des heutigen Schulstreiks zu einfach, wenn sie dieses Urteil anführen. Denn dort ging es um eine einmalige Teilnahme an einer Demonstration, die zufällig während der Schulzeit stattfand, während die „Fridays for Future“-Bewegung die Schulpflichtverletzung zu einem ihrer Wesensmerkmale erhoben hat. Die Schüler setzen ergo auf einen Regelbruch in Permanenz, um die von ihr in der Sache monierte Nichteinhaltung verbindlicher Klimaabkommen zu beanstanden. Diesen performativen Widerspruch wiederum reden manche Schulstreik-Verteidiger sich mit dem dürren Argument schön, selbiger sei erforderlich, um besonders deutlich auf die Nichteinhaltung der Klimaschutzziele hinzuweisen.
„Ziviler Ungehorsam“
Den Umstand, dass das Grundgesetz keinen allgemeinen „zivilen Ungehorsam“ kennt, übergehen viele wiederum damit, indem sie sich auf Worte des Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas berufen. Dieser hatte hat den „zivilen Ungehorsam“ im Jahre 1983 wie folgt definiert:
Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen; er ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann; er schließt die vorsätzliche Verletzung einzelner Rechtsnormen ein, ohne den Gehorsam gegenüber der Rechtsordnung im Ganzen zu affizieren; er verlangt die Bereitschaft, für die rechtlichen Folgen der Normverletzung einzustehen; die Regelverletzung, in der sich ziviler Ungehorsam äußert, hat ausschließlich symbolischen Charakter – daraus ergibt sich schon die Begrenzung auf gewaltfreie Mittel des Protests.
Macht man sich die Mühe, diese Definition im Lichte heutiger neurechter Protestbewegungen zu betrachten, so ist leicht ersichtlich, dass diese versuchen könnten, diese für sich zu reklamieren, was erneut zeigt, wie riskant es ist, den angeblichen „zivilen Ungehorsam“ der streikenden Schüler gutzuheißen. Zwar fällt zum Beispiel die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ zumeist durch unangekündigte Sponti-Aktionen, darunter die oben genannten, auf, aber das war bei früheren linken Protestbewegungen oftmals auch nicht anders. So wichtig ist dieser Punkt Habermas selbst anscheinend ohnehin nicht, da er nur davon spricht, dass die vorherige Ankündigung „in der Regel“ erfolge.
Diejenigen, die die Habermas’sche Formel zur Verteidigung der Schülerstreiks anführen, betonen oft die Symbolhaftigkeit der Schulpflichtverletzung. Auch dieser Vorstoß überzeugt nicht. Zwar unterscheiden sich die Schulstreiks von rechten Blockaden von Flüchtlingsheimen sowie von linken Blockierungen von Castor-Atommüll-Transporten, die unmittelbar in das Geschehen eingreifen. Aber was am regelmäßigen physischen Fernbleiben vom Unterricht rein symbolisch sein soll, ist dennoch nicht ersichtlich.
Hinzu kommt, dass die Unterscheidung zwischen einer weitergehenden Widerstandsrhetorik und „zivilem Ungehorsam“ bei den großen linken Protestbewegungen wie dem Anti-Atomkraft-Aktivismus längst nicht so ausgeprägt war, wie es von denjenigen suggeriert wird, die die “Fridays for Future“-Bewegung in eine Art edle Tradition des „zivilen Ungehorsams“ stellen wollen. Man denke nur an den damals verbreiteten Slogan: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand Pflicht“. Und umgekehrt wurde erst 2010 versucht, die damals angedachte „Entsteinung“ ganzer Gleisbettabschnitte zur Verhinderung eines Castor-Transports als „zivilen Ungehorsam“ zu bagatellisieren und zu legitimeren.
Die Bedeutung des Rechtsstaats
Sicherlich, die „Fridays for Future“-Bewegung ruft mit der Schulpflichtverletzung „nur“ zu einer potentiellen Ordnungswidrigkeit auf. Aber der Regelverstoß ist ihr inhärent und damit delegitimiert sie nur um der höheren Aufmerksamkeit willen den Rechtsstaat. Dieser setzt sich aus mehreren Elementen zusammen. Dazu gehören vor allem die Freiheit von staatlicher Willkür bzw. die Bindung staatlicher Gewalt an Gesetze, die Gewaltenteilung, die Gleichheit vor dem Gesetz, die Rechtssicherheit und der effektive Rechtschutz. Ebenfalls Teil des Rechtsstaatsprinzips ist aber auch das Einhalten des Rechts sowohl seitens des Staats als auch der Bürger. In Staaten, in denen ein funktionierender, willkürfreier Rechtsstaat herrscht, ist der Bürger gewissermaßen spiegelbildlich gehalten, die geltenden Regelungen zu beachten, ohne sich aus subjektiven Erwägungen und politischen Einstellungen heraus selbst zu Regelbrüchen zu ermächtigen.
Genau in diesem Punkt liegt das Problem bei den „Schulstreiks“. Der Regelbruch, sprich die Verletzung der Schulpflicht gehört für die Schüler zwingend zu ihrer Form des Protests dazu. Angesichts der Tatsache, dass der Rechtsstaat derzeit in einer Reihe von europäischen Ländern durch Rechte angegriffen wird, sollte man sehr vorsichtig damit sein, Regelbrüche um der guten Sache willen zu propagieren. Ein Blick nach Polen und Ungarn und inzwischen auch Österreich dürfte genügen. In Österreich ist die Pressefreiheit längst von der mitregierenden rechten FPÖ unter Druck geraten, weil ihr kritische Äußerungen über sich selbst in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht passen.
Im Lichte solcher Entwicklungen zeigt sich, wie viel wert, aber wie wenig selbstverständlich ein Rechtsstaat ist, der Abwehrrechte gegenüber dem Staat garantiert, jeden ohne Ansehen der Person gleich behandelt und effektiven Rechtsschutz sichert. Normalerweise spiegelt der Bürger das mit Rechtstreue und trägt so zu einem friedlichen Gemeinwesen bei. Wer sich wie die „Fridays for Future“-Bewegung hingegen selbst zu Regelbrüchen ermächtigt, untergräbt dieses Wechselspiel, sei das Anliegen wie hier der Klimaschutz auch objektiv gesehen noch so wichtig.