Bei Corona-Protesten verbünden sich ehemalige Grünen-Wähler:innen mit Anthroposoph:innen, rechten Verschwörungstheoretiker:innen – und sogar mit Nazis. Wie kommt es zu solch bizarr anmutenden Allianzen? Die Frühgeschichte der Grünen mit ihren Bezügen zur Anthroposophie, völkischen Naturschützern und zu Joseph Beuys gibt einigen Aufschluss.

  • Silke Mende

    Silke Mende ist Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die gegenwartsnahe Zeitgeschichte und die Geschichte der Demokratie. Sie publizierte 2011 eine Studie zur Gründungsgeschichte der Grünen.
Geschichte der Gegenwart
Geschichte der Gegenwart 
Wie anthro­po­so­phisch waren die Grünen?
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Mit Blick auf Protest und grüne Politik in Deutsch­land vermischten sich am Ende des Jahres 2021 zwei Eindrücke, die auf den ersten Blick nur schwer zusam­men­zu­passen scheinen: Erstens, nach andert­halb Jahr­zehnten in der Oppo­si­tion, sind die Grünen im Bund wieder an der Regie­rung, wenn auch nur als zweit­stärkste Kraft in einer sozi­al­de­mo­kra­tisch geführten Ampel­ko­ali­tion. Zwei­tens das derzeit am stärksten disku­tierte Protest­phä­nomen, die Demons­tra­tionen gegen die Corona-Maßnahmen, zeichnet sich durch eine diffuse Band­breite an Teilnehmer*innen aus, von denen einige offenbar dem grün-alternativen Milieu zuzu­rechnen sind. Wissen­schaft­lich bestä­tigt wurde dieser Eindruck durch eine von der baden-württembergischen Heinrich-Böll-Stiftung in Auftrag gege­bene Studie zu den „Quellen des ‚Quer­den­ker­tums‘“. Darin kam ein Team um die Basler Sozialwissenschaftler*innen Oliver Nachtwey und Nadine Frei zu dem Ergebnis, dass sich die Zusam­men­set­zung der Corona-Proteste von Bundes­land zu Bundes­land bisweilen markant unter­scheidet. Während sie im Osten Deutsch­lands stärker von der extremen Rechten geprägt sei und viele AfD-Wähler*innen anspreche, spiele für den deut­schen Südwesten das Alter­na­tiv­mi­lieu sowie das sich damit teils über­schnei­dende anthro­po­so­phi­sche Milieu eine größere Rolle. Ein signi­fi­kanter Anteil von rund 30 Prozent unter den befragten Teilnehmer*innen, so notiert die viel­ge­le­sene Studie, habe früher einmal die Grünen gewählt, teil­weise noch bei der Bundes­tags­wahl 2017. Das mutet umso erstaun­li­cher an, als es im zweiten Corona-Winter vor allem die Grünen sind, die in der noch jungen Bundes­re­gie­rung zu den pronon­cier­testen Befürworter*innen einer Impf­pflicht gehören.

Woraus erklärt sich diese vergan­gene Nähe? Laut den Basler Forscher*innen ist es die im deut­schen Südwesten tradi­tio­nell starke Veran­ke­rung der Anthro­po­so­phie, die eine mögliche Brücke von der verbrei­teten Impf­skepsis in diesem Milieu zur Querdenker*innenbewegung schlägt. Diese Verbin­dung war und ist mögli­cher­weise für manche ehema­lige und nun enttäuschte Grünen-Anhänger*innen tragfähig.

Grund genug, um die histo­ri­schen Verbin­dungen zwischen Anthro­po­so­phie und Grünen genauer zu prüfen und nach den gemein­samen Berüh­rungs­punkten zur brei­teren Alter­na­tiv­be­we­gung zu fragen. Das führt uns zurück in die Grün­dungs­phase der Grünen als Bewe­gung und Partei. Einmal mehr erscheinen dabei die 1970er Jahre als histo­ri­sches Gele­gen­heits­fenster, in dem sich Alter­na­tiv­kultur, Teile der Anthro­po­so­phie und entste­hende grüne Bewe­gung über­schnitten, ohne frei­lich ganz inein­ander aufzu­gehen. Gleich­zeitig war diese Zeit ein Fenster in die Zukunft, das ausschnitt­weise einen Blick auf unsere heutige Gegen­wart preis­gibt. Im Folgenden sollen einige für die Grün­dungs­phase der Grünen rele­vante Protagonist*innen und Netz­werke betrachtet werden, die Über­schnei­dungen zum anthro­po­so­phi­schen Milieu aufwiesen und neben bestimmten Ideen auch Elemente einer gemein­samen politisch-sozialen Praxis mitein­ander teilten. Inwie­fern bildeten sie eine Brücke zur Alter­na­tiv­be­we­gung und zu den entste­henden Grünen? Und wann wurde diese brüchig?

Alter­na­tiver Gemischt­wa­ren­laden – die Anthro­po­so­phie in den 1970er Jahren

Ein Charak­te­ris­tikum der frühen grünen Bewe­gung, die sich im Januar 1980 als Bundes­partei grün­dete, war ihre große Hete­ro­ge­nität, die ideo­lo­gisch von „ganz links“ bis „ganz rechts“ reichte. Para­dig­ma­tisch kam dies im Grün­dungs­slogan „nicht rechts, nicht links, sondern vorn“ zum Ausdruck. Teil dieses Spek­trums war die Anthro­po­so­phie, die neben einer an Rudolf Steiner ausge­rich­teten ortho­doxen Rich­tung etliche Spiel­arten kennt. Es sind insbe­son­dere ihre zahl­rei­chen Praxis­felder, von der Waldorf­schule über die Alter­na­tiv­me­dizin bis zur biody­na­mi­schen Land­wirt­schaft, die in den 1970er Jahren eine unge­heure Dynamik entfal­teten und Anschluss­fä­hig­keit in unter­schied­li­chen Milieus ermög­lichten. In Anleh­nung an den Reli­gi­ons­wis­sen­schaftler Helmut Zander, einem der ausge­wie­senen Kenner auf diesem Gebiet, lässt sich von „selek­tiver Nutzung“ sprechen.

Grün­dungs­kon­gress der Grünen in Karls­ruhe 1980; Quelle: badische-zeitung.de

Zu den besten Kund*innen des anthro­po­so­phi­schen Gemischt­wa­ren­la­dens mit Selbst­be­die­nung gehörten seiner­zeit die Vertreter*innen des nach „1968“ entste­henden und für die 1970er und 1980er Jahre so prägenden Alter­na­tiv­mi­lieus, das der Konstanzer Zeit­his­to­riker Sven Reichardt umfas­send analy­siert hat. Es bildete die sozio­kul­tu­relle Basis für die zur selben Zeit entste­hende poli­ti­sche Bewe­gung der Grünen. Ideo­lo­gisch waren die Alter­na­tiven meist im weiten Umfeld der undog­ma­ti­schen Linken nach „1968“ verortet, jenseits der Sozi­al­de­mo­kratie, aber auch auf Distanz zu den kommu­nis­ti­schen Expe­ri­menten der dogma­ti­schen K-Gruppen. Doch welche konkreten Schnitt­stellen lassen sich zwischen Grünen, Alter­na­tiven und der Anthro­po­so­phie ausma­chen? Auf organisatorisch-personeller Ebene sind es drei Zusam­men­hänge, die im Formie­rungs­pro­zess der Grünen von Bedeu­tung waren.

Völki­sche Lebensschützer*innen…

Zunächst gab es Berüh­rungs­punkte der Grünen zu völki­schem und natio­na­lis­ti­schem Denken, wie es in Teilen der tradi­tio­nellen Lebens­schutz­be­we­gung zum Ausdruck kam. Deren Wurzeln reichten vor allem in die Nach­kriegs­zeit und teil­weise bis zur Lebens­re­form­be­we­gung der „langen Jahr­hun­dert­wende“ zurück, etwa im Dunst­kreis des „Welt­bunds zum Schutz des Lebens“ (WSL). Einer ihrer Prot­ago­nisten war der ehema­lige Natio­nal­so­zia­list Werner Georg Haver­beck (1909-1999). Bereits in den 1930er Jahren mit der Anthro­po­so­phie in Berüh­rung gekommen, war er in den 1950er Jahren Pfarrer in der anthro­po­so­phisch inspi­rierten Chris­ten­ge­mein­schaft und stand seit 1974 an der Spitze der deut­schen Sektion des WSL. Mit seiner Frau, Ursula Haverbeck-Wetzel (*1928), die seit den 2000er Jahren mehr­fach wegen Volks­ver­het­zung und Holo­caust­leug­nung verur­teilt wurde, leitete er das „Colle­gium Humanum“ in Vlotho. In den 1970er Jahren ein wich­tiges Forum für unter­schied­liche Gruppen der Umwelt­be­we­gung wie der entste­henden Grünen, entwi­ckelte sich das Colle­gium seit den 1980er Jahren immer stärker zu einer Anlauf­stelle für Rechtsextremist*innen und wurde 2008 vom Verfas­sungs­schutz verboten. Für den völki­schen Ökobauern Baldur Spring­mann (1912-2003) wiederum, der eben­falls eine braune Vergan­gen­heit hatte, war Anthro­po­so­phie weniger als Theorie denn als Praxis von Inter­esse: Bereits Mitte der 1950er Jahre hatte er auf biody­na­mi­sches Wirt­schaften umge­stellt und verstand es, sich bis weit ins linke und alter­na­tive Milieu hinein als Pionier einer ökolo­gisch orien­tierten Land­wirt­schaft zu inszenieren.

August Hauß­leiter im ersten Bundes­vor­stand der Grünen, neben Petra Kelly; Quelle: faz.net

Teile der völkisch grun­dierten Lebens­schutz­be­we­gung gelangten in den Grün­dungs­pro­zess der Grünen. Die wich­tigste orga­ni­sa­to­ri­sche Brücke bildete die natio­nal­neu­tra­lis­ti­sche Kleinst­partei der Akti­ons­ge­mein­schaft Unab­hän­giger Deut­scher (AUD) um ihren umtrie­bigen Vorsit­zenden August Hauß­leiter (1905-1989), der nach einem kurzen Enga­ge­ment in der frühen CSU vor allem mit rechten Split­ter­par­teien hervor­ge­treten war. Nach einem miss­lun­genen Annä­he­rungs­ver­such an APO und Studen­ten­be­we­gung gelang es der AUD in den 1970er Jahren, Kontakte zur sich insti­tu­tio­na­li­sie­renden Umwelt­be­we­gung aufzu­nehmen. Dadurch wurden sie zu einer der Grün­dungs­or­ga­ni­sa­tionen der Grünen, in deren Früh­phase sie eine durchaus markante, aber nicht domi­nante Rolle spielte.

…und „anti­au­to­ri­täre Anthroposoph*innen“

Wich­tiger als diese punk­tu­ellen Über­schnei­dungen sind aller­dings zwei andere anthro­po­so­phisch beein­flusste Netz­werke im Entste­hungs­pro­zess der Grünen. Aufgrund ihrer teils ausge­prägten lebens­kul­tu­rellen Schnitt­mengen mit dem Alter­na­tiv­mi­lieu, bezeichne ich sie als „anti­au­to­ri­täre Anthroposoph*innen“. Sie bestanden aus zunächst getrennten Orga­ni­sa­ti­ons­zu­sam­men­hängen, die in den 1970er Jahren zuein­ander fanden: Zunächst der Achberger Kreis, dessen insti­tu­tio­nelles Zentrum sich im äußersten Südosten Baden-Württembergs unweit des Boden­sees befand. Dort entstand an der Wende zu den 1970er Jahren das Inter­na­tio­nale Kultur­zen­trum Achberg, das fortan als Forum radi­kal­de­mo­kra­ti­scher Anthroposoph*innen fungieren und im Grün­dungs­pro­zess der Grünen eine wich­tige Platt­form darstellen sollte. Es formierte sich um die Idee der „sozialen Drei­glie­de­rung“ nach Steiner, die drei vonein­ander getrennte gesell­schaft­liche Bereiche unter­scheidet und sie mit den Idealen der Fran­zö­si­schen Revo­lu­tion zu verknüpfen sucht: Brüder­lich­keit im Wirt­schafts­leben, Gleich­heit im Bereich des öffent­li­chen Rechts und Frei­heit im Geis­tes­leben. Was in den Reihen der ortho­doxen „Mehr­heits­an­thro­po­so­phie“ im Umfeld der Anthro­po­so­phi­schen Gesell­schaft besten­falls auf Desin­ter­esse stieß, wurde von den Achber­gern ins Zentrum ihrer poli­ti­schen Arbeit gestellt. In ihren Augen galt es, die anthro­po­so­phi­sche Lehre, insbe­son­dere deren politisch-gesellschaftliche Aspekte, dem Zeit­geist und den gesell­schaft­li­chen Heraus­for­de­rungen der 1970er Jahre anzupassen.

Joseph Beuys: „Mensch, Du hast die Kraft zu Deiner Selbst­be­stim­mung“ (o.J.); Wahl­plakat für die Grünen, Quelle: tate.org.uk

Darüber kam sie schnell in Kontakt mit einer anderen Gruppe, die ein ganz ähnli­ches Anliegen verfolgte: Die 1973 gegrün­dete Freie Inter­na­tio­nale Univer­sität (FIU) um Joseph Beuys (1921-1986), der als ihr charis­ma­ti­scher spiritus rector das Dreh­ge­lenk zu den Achber­gern wurde. Auf die Prägung des Künst­lers durch das Werk Stei­ners und seine ambi­va­lente poli­ti­sche Einord­nung wurde bereits viel­fach verwiesen, am dezi­dier­testen von Hans Peter Riegel. Im Laufe der 1970er Jahre fand eine zuneh­mende Vernet­zung von Achberger Kreis und FIU um Joseph Beuys statt. Unab­hängig von unter­schied­li­chen Akzent­set­zungen vertraten sie im Grunde dieselben Ideen, die in einem gemein­samen Habitus und einem spezi­fi­schen Poli­tik­stil ihren Ausdruck fanden.

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Drei­glie­de­rung, „Dritter Weg“ und direkte Demokratie

Prägend für beide Gruppen blieb die Neudeu­tung von Elementen aus der Anthro­po­so­phie, die sich auf deren politisch-gesellschaftliche Aspekte konzen­trierten. Neben der Idee sozialer Drei­glie­de­rung war das insbe­son­dere die Suche nach einem wirtschafts- und gesell­schafts­po­li­ti­schen „Dritten Weg“, worüber es zum Austausch mit Anhänger*innen des nieder­ge­schla­genen Prager Früh­lings kam. Über den tsche­cho­slo­wa­ki­schen Dissi­denten Milan Horacek entstanden zudem Kontakte zwischen Beuys und Rudi Dutschke, was weitere Brücken zwischen „anti­au­to­ri­tären Anthroposoph*innen“ und der undog­ma­ti­schen Linken inner­halb der sich formie­renden grünen Bewe­gung schlug.

Neben der Anthro­po­so­phie war für Beuys ein weiterer wich­tiger Ideenf­undus die Frei­wirt­schafts­lehre Silvio Gesells, die dieser eben­falls um die vorletzte Jahr­hun­dert­wende entwi­ckelt hatte. Insbe­son­dere dessen Geld­theorie, die die „Zins­wirt­schaft“ ablehnte, erlebte in den 1970er Jahren eine begrenzte Renais­sance. Dazu gehörten Beuys und sein Achberger Umfeld um den Anthro­po­so­phen Wilhelm Schmundt (1898-1992).

Ein letzter zentraler Berüh­rungs­punkt zu Grünen und Alter­na­tiven bildete schließ­lich die Idee der direkten Demo­kratie, welche ein Kern­be­stand­teil im Programm der FIU wie der Achberger war. Sie ging einher mit einer umfas­senden Staats­skepsis, die zudem mit einem radi­kalen Eintreten für mensch­liche Frei­heit und Selbst­be­stim­mung verbunden war. Die viel­fache ideelle Anschluss­fä­hig­keit gegen­über Vorstel­lungen und Über­zeu­gungen, die in der undog­ma­ti­schen Linken kursierten, wurde noch­mals verstärkt auf der Ebene des Habitus und des Verhal­tens­stils. Er erleich­terte die (Selbst-)Verankerung der anti­au­to­ri­tären Anthroposoph*innen im alter­na­tiven Milieu der 1970er Jahre.

Grüne und Anthro­po­so­phie – was bleibt?

Doch wie sehr und wie anhal­tend prägten diese Netz­werke und ihre anthro­po­so­phisch inspi­rierten Programme die Grünen? Orga­ni­sa­to­risch gehörten sowohl der Achberger Kreis als auch die FIU zu den Grün­dungs­or­ga­ni­sa­tionen der Euro­pa­grünen, die 1979 als Mitte-Rechts-Bündnis bei den ersten Direkt­wahlen zum Euro­päi­schen Parla­ment antraten und dort einen Achtungs­er­folg erzielten. Mit der Erwei­te­rung um Gruppen der dogma­ti­schen und undog­ma­ti­schen Linken in der ein Jahr darauf gegrün­deten Bundes­partei verloren sie aber orga­ni­sa­to­risch an Einfluss. Das betraf zunächst völkisch-nationalistische Grüne wie Baldur Spring­mann, die mit konser­va­tiven Mitstreiter*innen bereits kurz danach die Partei verließen, um die ÖDP zu gründen, die Ökologisch-Demokratische Partei.

Wahl­plakat der Grünen mit Beuys-Kunst im Bundes­wahl­kampf 1980; Quelle: spiegel.de

Aber auch die Achberger, die FIU und Joseph Beuys selbst verloren im poli­ti­schen Tages­ge­schäft schnell an Reso­nanz. Bei den Euro­pa­wahlen 1979 hatte Beuys für die Grünen kandi­diert, und bei den Bundes­tags­wahlen 1980 war er sogar als ihr nordrhein-westfälischer Spit­zen­kan­didat ins Rennen gegangen. Nur drei Jahre später verwehrte ihm seine Partei jedoch einen aussichts­rei­chen Listen­platz. Obgleich er bis zu seinem Tod Mitglied war, blieb seine große Zeit bei den Grünen eine kurze Episode im Formie­rungs­pro­zess der Partei. Dieses Schicksal teilte er mit den anderen anthro­po­so­phisch inspi­rierten Netz­werken und der Mehr­zahl ihrer Protagonist*innen.

Daraus ein abruptes Ende der Wirkungs­ge­schichte ihrer Ideen und Prak­tiken im Umfeld der Partei abzu­lesen, wäre aller­dings zu kurz gesprungen. Zwar steht es noch aus, diese empi­risch dicht zu erfor­schen, ein Blick auf die Anhänger- und Wähler­schaft der Grünen lässt jedoch auf eine fort­be­stehende Nähe schließen. Das gilt für das weit gefasste Alter­na­tiv­mi­lieu ebenso wie für die Anthro­po­so­phie und ihre Praxis­felder, von der biody­na­mi­schen Land­wirt­schaft über die Waldorf­schulen bis hin zur Alter­na­tiv­me­dizin. Für das Selbst­ver­ständnis der Partei sind diese weiterhin von Bedeu­tung – wenn auch für ihre Anhänger*innen offenbar stärker als für ihre gewählten Repräsentant*innen. Dass hier ein regel­rechtes Span­nungs­ver­hältnis zwischen den Grünen und ihrer Klientel besteht, hat nicht zuletzt die 2019 und 2020 intensiv geführte Debatte um die Rolle von Homöo­pa­thie und Alter­na­tiv­me­dizin gezeigt. Auch wenn sich deren Anhänger*innen bei den Grünen auf einem Rück­zugs­ge­fecht befinden, schlug die Ausein­an­der­set­zung inner- und außer­halb der Partei hohe Wellen, bevor sie seit dem Früh­jahr 2020 bekannt­lich von einem anderen, bestim­men­deren gesund­heits­po­li­ti­schen Thema in den Hinter­grund gedrängt wurde.