In Belarus wird die Repression auch an den Universitäten immer massiver. „Stimmen aus Belarus“, eine Initiative auf Facebook, haben die Protokolle von Historiker:innen veröffentlicht, die ihre Repressionserfahrungen beschreiben. Ein Gespräch mit Felix Ackermann und Nina Weller über Solidarität, Gewalt und Gewöhnung.

  • Nina Weller

    Nina Weller ist Slavistin und seit 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Europa-Universität Viadrina im Bereich Osteuropäische Literaturen. Sie forscht zu den Erinnerungskulturen in Belarus, Russland und der Ukraine. Sie ist Mit-Begründerin von „Stimmen aus Belarus“ und Redaktionsmitglied von novinki.
  • Felix Ackermann

    Felix Ackermann ist Professor für Public History an der FernUniversität in Hagen. Aktuelles Forschungsthema: die Geschichte der Digitalisierung autobiographischer Erzählungen in der Ukraine, Belarus und Russland. Er ist Mitbegründer von „Stimmen aus Belarus“.

Sylvia Sasse: An den Protesten in Belarus, die sich mitt­ler­weile seit einem halben Jahr gegen die auto­kra­ti­sche Regie­rung richten, sind sehr viele Studie­rende, Dozent:innen und Professor:innen betei­ligt. Einige von ihnen, so etwa die Philo­so­phin Olga Shpa­raga, sind mit ihren Analysen zu inter­na­tional beach­teten Stimmen geworden. Von Shpa­raga stammt auch die Frage: „Wer hat denn hier eigent­lich vor wem Angst?“ Inzwi­schen verschärfen sich aber auch die Repres­sionen an den Univer­si­täten. Wie ist die Situa­tion einzu­schätzen? 

Publi­ka­ti­ons­in­itia­tive „Stimmen aus Belarus“ auf face­book, fb.com/Belarusstimmen

Felix Acker­mann: Nach einer Phase der Ohnmacht und des Abwar­tens wird derzeit syste­ma­tisch jeder insti­tu­tio­nelle Raum in der Repu­blik Belarus nach Anzei­chen des Wider­stands durch­kämmt. Die Suche nach Anfüh­rern der Proteste und nach poten­ti­ellen Echo­kam­mern kriti­scher Stimmen macht auch vor den Univer­si­täten nicht halt. Das trifft derzeit sowohl Studie­rende als auch Lehrende, die ihren Protest im Sommer öffent­lich gemacht hatten.  

Nina Weller: Die Situa­tion ist für Mitarbeiter:innen und Studie­rende der staat­li­chen Bildungs­ein­rich­tungen enorm ange­spannt. Sie können sich des Schutzes durch ihre Insti­tu­tionen nicht sicher sein, ganz im Gegen­teil: Viele, die bei den Protesten aktiv waren und sind und die an den Hoch­schulen Streik­ko­mi­tees gegründet hatten, wurden seitens der staat­li­chen Behörden und von den Hoch­schul­lei­tungen selbst hart ange­gangen.  

Sylvia Sasse: Wie sieht das konkret aus?

Nina Weller: An der Minsker Staat­li­chen Lingu­is­ti­schen Univer­sität drangen staat­liche Sicher­heits­kräfte sogar in die Univer­si­täts­ge­bäude ein und verhaf­teten Studie­rende, die an Protest­ak­tionen betei­ligt waren [siehe Stimmen-Posts vom 8. und 27.9.], einige wurden exma­tri­ku­liert oder hatten mit empfind­li­chen Geld­strafen zu rechnen. Es kommt nun immer häufiger zur Entlas­sung von Mitarbeiter:innen, oftmals ohne Vorankün­di­gung und meist mit faden­schei­nigen Begrün­dungen: So erging es kürz­lich z.B. der Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­lerin und Philo­so­phin Lilija Iljus­hyna, die ihre Stelle an der Bela­ru­si­schen Staat­li­chen Univer­sität verloren hat. Viele andere, wie z.B. der Philo­soph Pavel Bakoŭrski, sahen keinen anderen Ausweg, als ihre Stellen frei­willig zu verlassen. Diese Situa­tion der Angst, der Verun­si­che­rung oder der Ausweg­lo­sig­keit hat schon jetzt dazu geführt, dass viele Univer­si­täts­an­ge­hö­rige und Intel­lek­tu­elle ausge­reist sind und über inter­na­tio­nale Stipen­di­en­pro­gramme, zumin­dest vorüber­ge­hend, nach Ausweich­mög­lich­keit im Ausland suchen. 

Sylvia Sasse: Zuletzt verloren zum neuen Jahr am Institut für Geschichts­wis­sen­schaften der Natio­nalen Akademie der Wissen­schaften zwölf Historiker:innen ihre Arbeit. Sieben wurden die Verträge nicht verlän­gert, fünf haben aus Soli­da­rität selbst gekün­digt. Du, Felix, und Daniela Siebert haben mit den Betrof­fenen gespro­chen, entstanden sind daraus die Minsker Proto­kolle, in denen die bela­ru­si­schen Kolleg:innen offen über Repres­sionen und den Zusam­men­hang von Protest, kriti­scher Forschung und Kündi­gung berichten. Was ist das Spezi­fi­sche an dieser Repression?

10 Proto­kolle von Minsker Historiker:innen wurden in den „Stimmen aus Belarus“ veröf­fent­licht. Quelle: fb.com/Belarusstimmen

Felix Acker­mann: Es gibt auch in jeder west­eu­ro­päi­schen Gesell­schaft ideo­lo­gi­sche Rahmen­be­din­gungen, die das Feld des Sagbaren abste­cken, in dem Wissen produ­ziert wird. Das Beson­dere an der Minsker Konfi­gu­ra­tion ist, dass dort die Staats­ideo­logie als solche benannt wird und es einen Auftrag an die Akademie der Wissen­schaften gibt, diese mit einzelnen Bausteinen zu versehen. Das Ergebnis ist etwa ein verpflich­tendes Schul­fach „Staats­ideo­logie“, in dem grund­le­gende Inter­pre­ta­tionen etwa des Zweiten Welt­kriegs als heroi­scher Großer Vater­län­di­scher Krieg vorge­geben sind.

Sylvia Sasse: Das hört sich an wie in der Sowjet­union und es sind die bela­ru­si­schen Historiker:innen selbst, die den Vergleich ziehen. Katsia­ryna Kryvich­anina schreibt in ihrem Proto­koll: „Sofort treten Paral­lelen aus der jüngsten Vergan­gen­heit vor Augen – der tota­li­täre sowje­ti­sche Staat, in dem das Leben des Einzelnen mit seinem Stand­punkt, seiner Meinung völlig wertlos war. Verräter, Spione, gekauft usw.“ Dazu gehört wohl auch, dass es eine zuneh­mende Einmi­schung in die Forschungs­themen gibt?

Felix Acker­mann: Es gibt ganze Themen­felder, die als vermintes Gelände gelten und in denen seit Jahren die Vertei­di­gung von Quali­fi­zie­rungs­ar­beiten als weit­ge­hend unmög­lich gilt. So ist es kein Zufall, dass zwar der Welt­krieg ein wich­tiger Flucht­punkt für die Staats­ideo­logie ist, aber nur wenige Disser­ta­tionen und fast keine Habi­li­ta­tionen zu seiner Geschichte vertei­digt werden. Frühere Fälle der ideo­lo­gi­schen Repres­sion bestanden etwa darin, dass bereits abge­schlos­sene Disser­ta­tionen von der Obersten Atte­sta­ti­ons­kom­mis­sion als fehler­haft oder metho­disch unge­nü­gend abge­lehnt wurden. Auf diese Weise musste etwa Iryna Kash­ta­lyan ihre Disser­ta­tion über die Folgen des Krieges im Alltag der Bevöl­ke­rung ein zweites Mal an der Freien Univer­sität in Berlin vertei­digen. Schon vor 2020 musste man am Institut für Geschichts­wis­sen­schaften stets aktiv ausloten, wo die Grenzen des Sagbaren verlaufen.

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Sylvia Sasse: Was ist seit August 2020 noch hinzugekommen?

Felix Acker­mann: Im August 2020 änderte sich eben­jener Raum, in dem jenseits von staat­lich kontrol­lierten Teilöf­fent­lich­keiten die Möglich­keit entstand, einen eigenen Stand­punkt einzu­nehmen. Es genügte, dass ein Dutzend Wissenschaftler:innen aktiv an den Protesten teil­nahm und das öffent­lich machte, um die symbo­li­sche Ordnung für einige Wochen ins Wanken zu bringen. Sobald eine/r der Kolleg:innen verhaftet wurde, versam­melte sich eine Gruppe von Wissenschaftler:innen vor dem Präsi­dium der Natio­nalen Akademie der Wissen­schaften und protes­tierte mit direktem räum­li­chen Bezug zum Arbeit­geber und öffent­lich. Weder die Polizei noch die Leitung der Akademie reagierte in den ersten Wochen – sie warteten ab und waren selbst verun­si­chert. Die jetzt wirksam gewor­denen Repres­sionen gegen die Anführer der Gewerk­schaft am Institut für Geschichts­wis­sen­schaften sowie dieje­nigen, die im August und September im Zuge der Proteste verhaftet wurden, sind ganz offen­sicht­lich ein Versuch, die symbo­li­sche Ordnung an der Akademie wieder­her­zu­stellen, und damit auch den Rahmen der Staats­ideo­logie zu verteidigen.

Sylvia Sasse: Wir haben jetzt schon mehr­fach die „Stimmen aus Belarus“ erwähnt, ein Publi­ka­ti­ons­pro­jekt auf Face­book, das Übersetzer:innen, Literatur- und Kulturwissenschaftler:innen und Historiker:innen im August 2020 auf die Beine gestellt haben. Ihr gehört beide zu den Initiant:innen. Was war die Idee dahinter? 

Quelle: fb.com/Belarusstimmen

Felix Acker­mann: Das Funda­ment unserer kleinen Platt­form steht auf zwei Pfei­lern: der Sorge um die Freunde und Kolleg:innen in Belarus sowie der Sensi­bi­lität für Inhalte, die in Belarus selbst im tagtäg­li­chen Strom der Gedanken, Analysen und Aufrufe entstehen. Ich denke, dass wir auch ein halbes Jahr nach dem Beginn der Proteste ohne insti­tu­tio­nelle Förde­rung täglich eine Über­set­zung teilen, liegt daran, dass Übersetzer:innen mit Wissenschaftler:innen zusam­men­ar­beiten, die selbst zu Belarus geforscht haben. Etwas platt gesagt: Wir leben im Bewusst­sein, dass, wenn wir es nicht tun, es niemand anders tun wird.

Sylvia Sasse: Wie haben die deutsch­spra­chige Presse oder auch Insti­tu­tionen auf die „Stimmen“ reagiert? Greifen sie auf eure Kompe­tenzen zurück? Einer der Vorwürfe, die während der Proteste im Raum standen, war ja, dass sich in West­eu­ropa zu wenige für eine Revo­lu­tion, die sich gegen eine Diktatur richtet, interessieren.

Nina Weller: Ich glaube, uns ist mit der „Stimmen-Seite“ ein Stück weit gelungen, deutsch­spra­chige Leser:innen – auch jenseits der Osteuropa-Netzwerke – für die aktu­ellen Ereig­nisse zu sensi­bi­li­sieren. Das Beson­dere unserer Seite ist ja, dass wir viel unmit­tel­barer Einblicke in die aktu­ellen Gescheh­nisse geben können, als es den großen Medien möglich ist. Mir hat gefallen, was der ukrai­ni­sche Schrift­steller Serhij Zhadan auf die Frage antwor­tete, was man zum genaueren Verständnis der Ereig­nisse in Belarus lesen solle: „Viel­leicht ist es in dieser Situa­tion am besten, nicht die Experten und die Poli­to­logen zu lesen, sondern die Leute, die direkt an den Ereig­nissen teil­nehmen. Das sind äußerst subjek­tive, dafür maximal offen­her­zige Berichte, und ich denke, dass sie die jetzige Situa­tion in Belarus am genau­esten charak­te­ri­sieren. Also soziale Netz­werke, nicht klas­si­sche Nach­richten.“ Damit hat er den Charakter der „Stimmen aus Belarus“ auf den Punkt gebracht. 

Felix Acker­mann: Es gibt immer wieder Situa­tionen, etwa wie jetzt mit den 12 Historiker:innen, die ihre Arbeit an der Akademie der Wissen­schaften verloren haben. Für sie ist es beson­ders wichtig, dass diese Art der Aner­ken­nung und Aufmerk­sam­keit auch aus dem Ausland kommt. Das ist ein Beispiel dafür, dass es einen Unter­schied macht, diese Texte zu über­setzen und online zu teilen.

Sylvia Sasse: Ich finde diesen Punkt sehr wichtig. Die Aufmerk­sam­keit aus dem Ausland, die öffent­liche Soli­da­rität, die Bereit­schaft von öffent­li­chen Insti­tu­tionen, die Protes­tie­renden zu unter­stützen, sorgt für eine mini­male Sicher­heit. Umge­kehrt versucht das System, in alter sowje­ti­scher Tradi­tion, genau diese Unter­stüt­zung als Beweis dafür zu sehen, dass die Demons­tra­tionen aus dem Ausland gelenkt werden. Davon darf man sich im Westen auf keinen Fall einschüch­tern lassen, denn das zielt direkt auf das Unter­lassen von Soli­da­rität und Unter­stüt­zung. Ihr unter­stützt über Face­book, wie ist denn das Verhältnis von digi­taler und analoger Kommu­ni­ka­tion während der Proteste?

Quelle: fb.com/Belarusstimmen

Nina Weller: Es ist natür­lich proble­ma­tisch, dass wir die Stim­mung im Land, im öffent­li­chen Raum, im Arbeits­alltag über einen so langen Zeit­raum nicht selbst erleben, also auch nur vermit­telt beur­teilen können. Ander­seits bekommen wir gerade in den sozialen Netz­werken, vor allem auf Face­book, eine sehr leben­dige und reflek­tierte intel­lek­tu­elle Ausein­an­der­set­zung über die Einord­nung der Gewalt, über das neue zivil­ge­sell­schaft­liche Enga­ge­ment und seine mögli­chen Zukunfts­per­spek­tiven mit. Wir sind auch von Ferne Zeugen oder Teil­nehmer dessen, wie sich zwischen­mensch­liche Räume über die Grenzen hinweg erwei­tern und neu entstehen. 

Sylvia Sasse: Was in Belarus passiert, ist selbst aus der Ferne schwer zu ertragen. Ihr steht aber mit den Kolleg:innen und Protes­tie­renden in direktem Kontakt. Wie verän­dert das den Blick?

Nina Weller: Für mich persön­lich war diese Span­nung zwischen der Euphorie über die zivil­ge­sell­schaft­liche Aufbruch­stim­mung und dem Schock über die Gewalt selbst als Außen­ste­hende teil­weise schwer auszu­halten. Beim Über­setzen mussten wir alle, die wir bei den „Stimmen“ aktiv sind, im Laufe der letzten Monate zeit­weise mal pausieren, weil die Schil­de­rungen, wie Menschen einge­schüch­tert, verprü­gelt, miss­han­delt wurden, zu heftig waren oder die Berichte über den rasanten Anstieg der Corona-Infizierten einen fassungslos machten. Irgend­wann habe ich einen erschre­ckenden Effekt fest­ge­stellt: Man hat sich an die Verhaf­tungs­wellen nach den Sonn­tags­de­mons­tra­tionen, an die Berichte von Verhaf­tungen und Gewalt­an­wen­dungen gewöhnt. Man erwartet, dass es jeder­zeit auch enge Freunde oder Bekannte treffen könnte, nimmt zur Kenntnis, dass die Pandemie weit­ge­hend igno­riert wird und arran­giert sich mental irgendwie mit dieser Situa­tion. Aus der Gewöh­nung muss man ausbre­chen und den Blick immer wieder neu justieren. Auch viele Menschen in Belarus  haben sich über derar­tige Gewöh­nungs­ef­fekte aber auch über Verun­si­che­rungen in ihrem neuen Alltag auf Face­book ausgetauscht.

Quelle: fb.com/Belarusstimmen

Felix Acker­mann: Ja, die Dialektik der demons­tra­tiven Soli­da­rität bleibt, aber es gibt noch einen ganz prag­ma­ti­schen Gedanken dahinter: Belarus liegt an der äußersten Peri­pherie der Wahr­neh­mung west­eu­ro­päi­scher Gesell­schaften – ob mit Protesten oder ohne. Jede Form der symbo­li­schen und realen Kommu­ni­ka­tion macht die Einge­bun­den­heit von Belarus in Europa sichtbar. Das ist eine wich­tige Botschaft: Ihr gehört dazu, deshalb sind wir in Gedanken bei Euch. Je größer der zeit­liche Abstand, desto größer ist bei mir aber der Zweifel, wie groß die Tiefen­schärfe der Moment­auf­nahmen aus Belarus sein kann, wenn wir von Warschau, Berlin, Dresden und anderen Orten aus über Tele­gram und Face­book das Geschehen in Belarus verfolgen, ohne reisen zu können. Einer­seits findet ein großer Teil der Kommu­ni­ka­tion auf Face­book statt – es ist in Belarus gerade wegen der Beschrän­kungen analoger Räume ein realer Ort für den Austausch. Aber es gibt Grenzen, denn die eigent­liche Verän­de­rung erfolgte nicht auf Face­book, sondern in den Hinter­höfen, in den Aufgängen der Neubau­blöcke und in den Straßen, durch die nun jeden Sonntag und auch an anderen Wochen­tagen Menschen ziehen, um deut­lich zu machen: „Diese Stadt gehört uns!“ Den freien Gedan­ken­aus­tausch haben sie – viel offener übri­gens als Kolleg:innen aus West-Europa – im Internet auch zuvor schon praktiziert.

Sylvia Sasse: Über welche Kanäle wird denn kommuniziert?

Felix Acker­mann: Der Telegram-Kanal Nexta ist ein zentrales Medium der Mobi­li­sie­rung durch das redak­tio­nell getak­tete Teilen von Videos aus ganz Belarus. Aber es ist auch ein Medium, in dem sich die Sprache – stets als Reak­tion auf das stei­gende Maß an Repres­sion – zuneh­mend radi­ka­li­sierte. Die poli­ti­schen Gegner werden etwa auf Nexta längst nur noch als Luka­schisten, Besatzer, Usur­pa­toren und zuneh­mend als Faschisten bezeichnet. Wenn ich heute Master-Student wäre, würde ich mich umge­hend dran machen, eine Arbeit über die Verän­de­rung der Sprache zu schreiben. Der Vorteil: Man kann das auch aus dem Ausland machen. Der Nach­teil: Eine Erklä­rung für die anhal­tende Stabi­lität des Sicher­heits­ap­pa­rats in Belarus wird durch die Analyse von Inter­net­res­sourcen nicht gefunden.

Sylvia Sasse: Was würdet ihr euch von west­eu­ro­päi­schen Univer­si­täten sonst noch wünschen?

Quelle: fb.com/Belarusstimmen

Nina Weller: Im akade­mi­schen Bereich ist bereits eine breite Initia­tive zur Unter­stüt­zung repres­sierter bela­ru­si­scher Wissenschaftler:innen und Studie­renden, u.a. durch das „DGO-Förderprogramm Belarus“ ange­laufen. Einige Univer­si­täten im deutsch­spra­chigen Raum haben in Windes­eile Online-Vorlesungsreihen und Gast­auf­ent­halte von Kolleg:innen und Kommiliton:innen in die Wege geleitet, durch die eine fach­liche Vernet­zung in Forschung und Lehre auch für die Zukunft konkrete Perspek­tiven bekommt. Das könnten noch viel mehr Univer­si­täten und Insti­tu­tionen auch im kultu­rellen Bereich anbieten. 

Felix Acker­mann: Damit es lang­fristig eine engere Zusam­men­ar­beit mit den Kolleg:innen aus Belarus geben kann, müsste Belarus selbst ganz normal als Teil von Europa wahr­ge­nommen werden. Und selbst wenn dies bereits geschehen ist, liegt die beson­dere Heraus­for­de­rung darin, die Schnitt­stellen zu finden, an denen Fragen entstehen können, die für beide Seiten rele­vant sind. Jede verglei­chende Analyse über den Umgang mit der Pandemie in Europa sollte Belarus als Lackmus-Test für die eigenen Thesen in den Blick nehmen. Das geht nur mit Kolleg:innen in Belarus.

Stimmen-Team: Felix Acker­mann, Wanja Müller, Nina Weller, Thomas Weiler, Tina Wünsch­mann, Susanna Sophia Kołtun. Betei­ligte Übersetzer:innen:  Ruth Alten­hofer, Maria Weis­sen­böck, Judith Geffert, Sandra Frimmel, Stefan Henkel