Mit dem Coming Out einer pensionierten Professorin rückt die Serie „Transparent“ (2014–2019) das Thema Transgender ins Zentrum. Angesichts der Auflösung fester Geschlechterrollen sowie aktueller Verschiebungen im amerikanisch-jüdischen Selbstbild stellt sie die Frage nach Herkunft und Identität.

  • Caspar Battegay

    Caspar Battegay ist Literatur- und Kulturwissenschaftler. Er leitet die Fachgruppe Kultur und Kommunikation an der Hochschule für Technik der Fachhochschule Nordwestschweiz. Zudem unterrichtet er Neuere deutsche Literatur an der Universität Basel. Seine Habilitation ist 2018 unter dem Titel „Geschichte der Möglichkeit. Utopie, Diaspora und die ‚jüdische Frage‘“ im Wallstein Verlag erschienen.
Geschichte der Gegenwart
Geschichte der Gegenwart 
Seri­en­sommer, Folge 3: Gespens­tisch transparent
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Drei Geschwister treffen sich in ihrem Eltern­haus – eine schicke Midcentury-Villa an bevor­zugter Lage in Pacific Pali­sades in Los Angeles. Die Eltern sind längst geschieden und wohnen woan­ders, aus den Kindern sind Erwach­sene mit eigenen Bezie­hungen und teil­weise eigener Familie geworden. Anstatt zu reden, baden die drei Geschwister im Pool und verab­reden ein Spiel, das sie offenbar als Kinder immer gespielt haben: eine Unterwasser-Tee-Zeremonie. Als Zuschau­ende sehen wir während etwa einer Minute, wie die Pfefferman-Geschwister – Sarah, Josh und Ali – im bläu­li­chen Pool­wasser die Luft anhalten, im Schnei­der­sitz imagi­näre kleine Teetäss­chen zum Mund führen, sich panto­mi­misch unter­halten und so wort­wört­lich in ihre Kind­heit eintauchen.

Trans­pa­rent, Staffel 2, 2015
Gaby Hoffman, Judith Leight, Jay Duplass, Jeffrey Tambor. Amy Lande­cker (v.l.n.r.). Quelle: Amazon

Die Szene zeigt das Verhältnis der Geschwister zu ihrer Vergan­gen­heit. Einer­seits spielen sie ihre Kind­heit dauernd nach, bewusst oder unbe­wusst, so als wären sie ihr verhaftet. Ande­rer­seits lassen sie sich kaum auf Erin­ne­rungen ein. Ihr Gedächtnis bleibt gleichsam unter Wasser und wird bis zum Schluss der Serie nie in fest umris­senen Konturen erzählt. Das Wasser ist zwar durch­sichtig, trans­pa­rent, aber bildet einen gespens­ti­schen Filter, der den Blick diffus werden lässt.

Die traum­ar­tige Szene ist in der zehnten und letzten Episode der zweiten Staffel von Trans­pa­rent enthalten. Sie kann stell­ver­tre­tend für die anspie­lungs­reiche Erzähl­weise der Serie stehen, führt aber auch zu einem ihrer inhalt­li­chen Kern­an­liegen, nämlich der Proble­matik von fami­liären und kultu­rellen Herkünften und sexu­eller und reli­giöser Iden­ti­täten. Was bedeutet Trans­ge­ne­ra­tio­na­lität? Was bedeutet es, als Teil einer Familie immer auch Kind von Eltern und damit in einer Abfolge von Gene­ra­tionen verortet zu sein? Was heißt es umge­kehrt, sich selbst zu sein oder sich selbst zu werden? Diese Fragen stellt die Serie vor dem Hinter­grund der Auflö­sung fester Geschlech­ter­rollen sowie eines sich verschie­benden Bildes (US-amerikanisch-)jüdischer Iden­tität in den 2010er Jahren.

Iden­ti­täts­krisen

Trans­pa­rent star­tete 2014 nach einem Script von Joey Soloway (Jill) auf der Platt­form Amazon Prime Video, sie umfasst vierzig etwa halb­stün­dige Episoden sowie ein 105-minütiges Musical Finale von 2019. Das Magazin Forward bemerkte, dass die Serie die „Jewiest Tele­vi­sion Show ever“ sei, zudem „a unique media event in the history of queer repre­sen­ta­tion“. Diese Kongruenz von Reprä­sen­ta­tion von Jüdi­schem und der Darstel­lung von Queer­ness hat in den Kultur­wis­sen­schaften Aufmerk­sam­keit erregt. Ebenso inter­es­sant ist die poeti­sche Erzähl­weise, mit der die Serie die Bezie­hung der Figuren zu ihrer Familie, die Funk­tion des trans­ge­ne­ra­tio­nellen Gedächt­nisses und die verschie­denen Trau­mata in Szene setzt.

Trans­pa­rent, Schabatt-Dinner in Staffel 1: Jeffrey Tambor und Amy Lande­cker als Maura und Amy Pfef­ferman; Quelle: Amazon

Epizen­trum von Trans­pa­rent ist das Coming Out von Maura, die bislang das Leben eines pensio­nierten Poli­tik­pro­fes­sors Morton Pfef­ferman (Jeffrey Tambor) gelebt hatte und nun im Fami­li­en­kreis ihre Tran­si­tion bekannt gibt. Zunächst macht es den Anschein, als ob dies plötz­lich passiert, jedoch macht die Serie mit Dialogen und Rück­blenden deut­lich, dass Maura schon immer ihre wahre Iden­tität über­spielt hat. Um Maura herum grup­pieren sich TV-Serien-typisch die Geschichten der ehema­ligen Ehefrau Shelley (Judith Leight) und der gemein­samen Kinder Sarah (Amy Lande­cker), Josh (Jay Duplass) und Ali/Ari (Gaby Hoffman) sowie weiterer Figuren. Mauras Tran­si­tion löst bei allen Protagonist:innen Iden­ti­täts­krisen aus, denn sie macht deut­lich, dass auch vermeint­lich feste (Geschlechts-)Identitäten prekär sind. Sarah lebt zu Beginn in einer tradi­tio­nellen Ehe und hat zwei kleine Kinder, sie trennt sich von ihrem Mann und beginnt eine lesbi­sche Bezie­hung; Josh möchte eine Rabbi­nerin heiraten, dabei steht sein beruf­li­cher Erfolg als Manager in der Musik­in­dus­trie im Gegen­satz zu seiner hilf­losen und infan­tilen Erschei­nung; Ali wird an der Univer­sität in Gender Studies abschließen und unter­richten, als Dokto­randin führt sie zeit­weise eine Bezie­hung mit einer lesbi­schen Profes­sorin und Dichterin.

Das Hadern mit Sexua­lität, Sexsucht als Chiffre für etwas, was in Staffel drei einmal als „Loch im Herz“ bezeichnet wird, der Umgang mit jüdi­schen Tradi­ti­ons­be­ständen als Egotrip – all dies verweist alles wieder­holt auf den Narzissmus der Figuren und zeigt ihre mannig­fa­chen Unsi­cher­heiten. Zum Schluss der Serie wird deut­lich, dass die Familie Pfef­ferman von verschie­denen verket­teten Trau­mata beherrscht wird, die erst durch ihre Benen­nung mögli­cher­weise ihre Macht verlieren.

Geheim­nisse

In vielen Szenen von Trans­pa­rent scheinen wir klas­si­sche jüdi­sche Neuro­ti­ker­fi­guren vor uns zu haben. Beispiels­weise wird in der ersten Staffel Josh wegen seinem Fehl­ver­halten gegen­über einer Sängerin gefeuert; aus Wut greift er im Konfe­renz­raum nach einem Stuhl und schmet­tert ihn mit unkon­trol­lierter Wut gegen ein Fenster, das – hier schim­mert ein komi­sches, Woody-Allen-haftes Moment durch – ganz bleibt.

Die Neurosen der Familie Pfef­ferman wurzeln in Geheim­nissen, die sich nur über Umwege äußern dürfen und das neuro­ti­sche Verhalten ist oft eng mit dem Judentum der Familie verbunden. Zum Beispiel: In der letzten Folge von Staffel 1 erfährt die jüngste Tochter Ali, dass ihr Vater ihr mit drei­zehn nur erlaubt hat, ihre Bat Mizwa abzu­sagen, weil er selbst an einem just zu diesem Zeit­punkt statt­fin­denden Cross-Dressing-Wochenende in einem abge­le­genen Hotel teil­nehmen wollte. Dies ist einer­seits komisch für uns, löst bei Ali aber einen Wutan­fall aus: „Because that’s our family reli­gion, right? Secrecy.“ Aggressiv beklagt Ali ihre spiri­tu­elle Orien­tie­rungs­lo­sig­keit, doch die Wut gegen­über dem unvä­ter­li­chen Vater gilt in Wirk­lich­keit ihren eigenen wider­stre­benden Bedürfnissen.

In der Familie Pfef­ferman gibt es weitere Geheim­nisse rund um die Sexua­lität der Figuren, von denen drei hand­lungs­lei­tend sind und zu offen­ba­rungs­ähn­li­chen Auflö­sungen führen. Erstens hatte Josh als Fünf­zehn­jäh­riger eine Affäre mit dem fünf Jahre älteren Kinder­mäd­chen Rita. Oder war es eher ein Miss­brauch? Die Eltern verheim­li­chen Josh – bis er als Erwach­sener selbst davon erfährt –, dass Rita damals schwanger wurde und ein Kind bekam.

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Als die Pfef­fer­mans in Staffel 4 mit einem Bus durch die israe­li­sche Wüste fahren, bricht ein krasser Streit aus und Josh zielt in einer Verket­tung von Umständen mit einer Pistole auf seine Mutter Shelly. Dieses Ereignis löst zwei­tens bei Shelly aus, dass sie von ihrem Geheimnis erzählt, nämlich dass sie als Kind von einem Lehrer sexuell miss­braucht wurde. In einer Rück­blende sehen wir sie als etwa elf- oder zwölf­jäh­riges Mädchen mit ihren Eltern beim Psycho­logen, offenbar weil sie das Essen verwei­gert. Auf die bedrän­genden Fragen der Eltern und des Psycho­logen schweigt sie. Die Mutter meint, dass sie nach all dem, was sie durch­ge­macht hätten, essen müsse, worauf Shelly antwortet: „It’s not the Holocaust.“

Dies verweist darauf, dass der Holo­caust als Hinter­grund der Familie präsent ist. Auch dies wird mittels intra­die­ge­ti­scher Rück­blenden trans­pa­rent gemacht. So erfahren wir drit­tens, dass Mauras/Morts Mutter Rose 1933 aus Berlin in die USA geflüchtet ist. Zurück­ge­lassen hat sie ihren Bruder Gershon, der sich Gittel nennt und zum Opfer der Nazis wird. Dies ereignet sich im weich­zeich­ner­mäßig stili­sierten und roman­ti­sierten Umfeld des Berliner Insti­tuts für Sexu­al­wis­sen­schaft von Magnus Hirsch­feld, der in der Serie auch einen kurzen Auftritt hat. (Der jüdi­sche Arzt Hirsch­feld mit seiner Theorie „sexu­eller Zwischen­stufen“ und eines „dritten Geschlechts“ steht für den libe­ralen Aufbruch in der Weimarer Repu­blik, der von den Nazis abge­würgt wurde.) Die von seinen Eltern geheim gehal­tene Iden­tität von Tante Gitel mit Gershon wird Maura erst in Staffel 4 klar. Maura reali­siert, dass sie in ihrer Familie als trans Frau nicht allein ist, sondern sich eben­falls inner­halb einer Genea­logie befindet.

Diese alter­na­tive Genea­logie hat nun zunächst eine psychologisch-historische Ebene, nämlich eine behaup­tete Trans­ge­ne­ra­tio­na­lität von Queer­ness und trans Iden­tität. Sie hat aber auch eine jüdi­sche Kompo­nente. Denn Maura erfährt von der trans Iden­tität der Tante erst durch ihren lange verschol­lenen (totge­glaubten) Vater Moshe, den die Familie in Israel aufspüren, wo dieser noch eine weitere Familie gegründet hat. Der Name Moshe (=Moses) des 90-jährigen Anti-Patriarchen ist bezeich­nend: Denn von ihm bekommt Maura ihr ersehntes Gesetz, die Legi­ti­ma­tion ihrer Identität.

Iden­ti­täts­marker

Trans­pa­rent führt immer wieder verschie­dene Dinge oder Hand­lungen vor, die Iden­tität garan­tieren und darstellen sollen. So wandert ein Ring mit einer Perle durch die verschie­denen Erzähl­stränge, der für die Verbun­den­heit wie für die miss­ra­tenen Bezie­hungen der Familie steht. Zum ersten Mal taucht der Ring in der zweiten Folge der ersten Staffel auf, als Josh einer Freundin einen Heirats­an­trag macht, diese jedoch ablehnt, weil sie keinen „ring from the Holo­caust“ möchte. In der zweiten Staffel sehen wir, dass der Ring Gittel gehört hat und über Rose in die USA gelangt. Rose gibt ihn Mort, dieser wiederum möchte ihn als jungen Mann Shelly zur Verlo­bung geben – die ihn aller­dings eben­falls ablehnt: „I want a pretty ring, not that farkakhte ring! Wie Anna M. Dempsey fest­hält, trans­for­miert sich der Ring in zwei Gene­ra­tionen von einem Symbol der Iden­tität zu einem „floa­ting signi­fier“ der US-amerikanisch-jüdischen Geschichte, in der der Holo­caust univer­sa­li­siert und abge­löst von seinen spezi­fi­schen Umständen erin­nert wird. Ein Ring als Verbin­dung der Zeiten, Gene­ra­tionen und geogra­fi­schen Orte ist als Signi­fi­kant einer verdrängten Iden­tität nicht beson­ders origi­nell. Aber gerade deswegen ist der Einsatz in der Serie effekt­voll, auch weil das Pathos des Rings öfter ironi­siert wird.

Der Ring wird in Scho­ko­lade einge­schmolzen von Europa auf dem Schiff in die Verei­nigten Staaten trans­por­tiert. So zählt zu den vielen Obses­sionen der Pfef­fer­mans – der Name ist spre­chend – auch das Essen. Es ist in der ersten Staffel bei einem Dinner mit chine­si­schem Take-away, dass Maura seinen Kindern eröffnet, von nun an offen als Frau zu leben. Sie sitzen mit saucen­ver­schmierten Gesich­tern am Tisch. Maura erklärt: „We come from shtetl people“. Ernäh­rung, Essen und Geschmack haben viele psycho­lo­gi­sche und kultu­relle Dimen­sionen, sei es die mnemo­ni­sche oder die gemein­schafts­stif­tende, aber auch die Funk­tion einer neuro­ti­schen Ersatzhandlung.

Trans­pa­rent, Staffel 2, Epidode 7: Familie Pfef­ferman und Freunde beim Fasten­bre­chen nach Jom Kippur; Quelle: Amazon

Natür­lich kommen in der Serie auch Schabatt-Essen oder ein Seder vor. Die siebte Episode der zweiten Staffel spielt an Jom Kippur. Bei Sonnen­un­ter­gang sitzt Josh (Jay Duplass) zum Fasten­bre­chen mit seiner Familie zusammen und eröffnet allen, dass er und seine Verlobte – die Rabbi­nerin Raquel – sich getrennt haben. Zum zweiten Mal in der Serie hat sich die Möglich­keit eines Babys und eines Fami­li­en­le­bens für ihn zerschlagen. Nach dem Abend­essen geht er in den Super­markt, wo er eine Packung Aufschnitt öffnet und zu essen beginnt; wie besessen stürzt er sich auf Pudding, Hambur­ger­bröt­chen, Schnitzel und stopft sich wahllos mitten im Laden Essen in den Mund. Der einsame Fress­an­fall ist eine Art Selbst­be­stra­fung und zugleich ein sicht­bares Zeichen von Einsam­keit. Der Esstisch dagegen als Ort gemein­samen Essens ist der Schau­platz tradi­tio­neller und trans­ge­ne­ra­tio­neller Verbundenheit.

Imagi­näre und reale Orte

Neben dem Esstisch gibt es weitere spezi­fi­sche Orte, über die Trans­ge­ne­ra­tio­na­lität herge­stellt und sichtbar wird. Dies ist zunächst der Schau­platz Südka­li­for­nien, dem eine gewisse utopi­sche Qualität zukommt und geschicht­lich als Ort der Emigra­tion deut­scher Jüdinnen und Juden im Gedächtnis bleibt. Auf der histo­risch anderen Seite steht das Berlin der 1930er Jahre, von dem Ali bei ihrem Unter­richt an der Univer­sität einmal klischiert behauptet, es sei ein viel freierer Ort als die USA der Gegen­wart gewesen, vor allem für queere Personen.

Trans­pa­rent, Staffel 2: Hari Nef als Gittel/Gershon, Berlin 1933; Quelle: Amazon

Als Ali und Sarah mit Maura ein femi­nis­ti­sches Musik­fes­tival in Kali­for­nien besu­chen, stellt sich heraus, dass das Festival eine Woman-born-woman-Policy hat, also keine Trans­frauen erlaubt. Maura verlässt mitten in der Nacht das Festi­val­ge­lände, eine Szene, die zusam­men­ge­schnitten wird mit dem Einfall der Nazis im Institut für Sexu­al­wis­sen­schaft in Berlin 1933 und der Fest­nahme Gittels durch die Gestapo. Hoch­sti­li­sierte und befremd­lich wirkende filmi­sche Verfahren wie Über­blen­dung und double casting können als Bild­ge­bung für eine jüdische-queere, trans­at­lan­ti­sche Kultur­ge­schichte verstanden werden. Wir sehen die Geschichte gedeutet als Abfolge von Vertrei­bungen aus dem Para­dies, Vertrei­bungen aus imagi­nären Orten an tatsäch­liche Orte, an denen Iden­ti­täten kontro­vers und von Konflikten beherrscht sind.

Eine signi­fi­kante Reise in dieser Hinsicht ist auch die Reise nach Israel in Staffel 4, das als eine Spie­ge­lung Kali­for­niens ange­legt ist. Ali und Maura stellen fest, dass Tel Aviv an Los Angeles erin­nert. So lebt der sonnen­ge­bräunte Moshe in einer Villa in Cäsarea mit einem riesigen Pool, die sicher nicht zufällig dem Anwesen in Pacific Pali­sades gleicht. Zudem geht es in den letzten Folgen der vierten Staffel zuneh­mend um Grenzen und Trenn­li­nien: Im über­tra­genen Sinn (etwa zwischen Sohn und Mutter, ein sehr jüdi­sches Thema), aber auch reale geogra­fi­sche Grenzen und Mauern. Neben Tel Aviv und Jeru­salem spielt die Serie kurz in der West­bank und in einem utopisch ange­legten Camp von paläs­ti­nen­si­schen und inter­na­tio­nalen Protes­tie­renden, in einer jüdi­schen Sied­lung inner­halb der besetzten Gebiete sowie am Check­point Qalan­dyia, den Ali einmal passieren muss. Dabei wird deut­lich, dass Israel zwar als mythi­scher Iden­ti­tätsort des US-amerikanischen Juden­tums fungiert, sich die realen poli­ti­schen Loya­li­täten aber längst verschoben haben und die dritte Gene­ra­tion nach der Shoah ihre jüdi­sche Iden­tität nicht unkri­tisch mit der israe­li­schen Politik verknüpft. Nicht alle gehen dabei so weit wie Ali, als sie eine zentrale Botschaft der Serie äußert: „Arabs and Jews… blacks and whites, men and women, a fucking binary ever­y­where you look, scre­wing things up.“

Ihre Konse­quenz zieht sie, indem sie an der West­mauer in Jeru­salem die Abgren­zung über­quert und aus dem Frauen- in den Männer­be­reich wech­selt. Für das Publikum stellt sich anschlie­ßend die Frage, ob es eine feste, schon immer dage­we­sene (sei es kultu­relle oder sexu­elle) Iden­tität an sich über­haupt geben kann, oder ob man sich Iden­ti­täten nicht erst in einer auto­nomen Bewe­gung der Vernei­nung oder der Kritik von Genea­lo­gien immer wieder neu erschaffen muss. Trans­pa­rent dekon­stru­iert die Idee natür­li­cher Genea­lo­gien, mit denen sich Gemein­schaften konso­li­dieren und abgrenzen, dabei lässt die Serie uns in eine Welt jenseits binärer Struk­turen blicken – eine immer vorläu­fige Aussicht.