Mit Resilienz ist die Fähigkeit gemeint, schwierige Situationen unbeschadet zu überstehen. Der Begriff ist nicht neu, gewinnt aber in Zeiten von Krieg, Klimawandel und Pandemie neue Aktualität. Grund genug für eine genauere Betrachtung.

  • Stefanie Graefe

    Stefanie Graefe ist Soziologin und Privatdozentin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie forscht und lehrt im Bereich der Politischen Soziologie und leitet zur Zeit zwei Forschungsprojekte zu neueren Entwicklungen im Feld von Arbeit, Ökonomie und Körper.

Dass sich die Welt im Krisen­modus befindet, ist unstrittig. Wenig verwun­der­lich daher, dass das Konzept der Resi­lienz, vor wenigen Jahren ein im Alltags­deutsch kaum veran­kerter Fach­be­griff, inzwi­schen zum Stan­dard­vo­ka­bular von Politiker*innen, Journalist*innen, Wissenschaftler*innen gehört. So viel scheint sicher: Wir brau­chen mehr Resi­lienz. Nur mit Resi­lienz, so die Annahme, können wir Heiß­tagen, Stark­regen und Wald­bränden, gefähr­li­chen Virus­mu­ta­tionen, unkal­ku­lier­baren Inzi­denz­schwan­kungen und nunmehr auch Krieg und nuklearer Bedro­hung trotzen. Wer oder was dabei resilient(er) werden soll, ist je nach Kontext und Perspek­tive unter­schied­lich: Kata­stro­phen­schutz oder Gesund­heits­ver­sor­gung, Städ­tebau oder Land­wirt­schaft, Demo­kratie oder Volks­wirt­schaft, Bundes­wehr oder Früh­warn­sys­teme. Eines aber scheint sicher: Resi­lienz kann mensch nie genug haben. Wo sich ange­sichts aktu­eller Notlagen und düsterer Zukunfts­aus­sichten Affekte wie Panik, Ratlo­sig­keit oder Resi­gna­tion ausbreiten, bietet Resi­lienz einen ideellen Fluchtpunkt.

In diesem Sinne defi­niert das Bundes­mi­nis­te­rium für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit Resi­lienz als „Fähig­keit von Personen oder Gemein­schaften, schwie­rige Lebens­si­tua­tionen wie Krisen oder Kata­stro­phen ohne dauer­hafte Beein­träch­ti­gung zu über­stehen.“ Bezogen auf den Klima­wandel müsse der Mensch lernen, „mit den Risiken und Folgen der globalen Erwär­mung zu leben, sein Verhalten daran anzu­passen und künf­tigen Krisen vorzu­beugen.“ Resi­lienz, legt diese Defi­ni­tion nahe, zielt allen­falls in zweiter Linie darauf, den Klima­wandel aufzu­halten. In erster Linie geht es darum, sich der Erder­wär­mung anzu­passen. Das Minis­te­rium hält weiterhin fest, nicht-resiliente Menschen und Gesell­schaften würden häufig als „vulnerabel“ bezeichnet – ein Hinweis auf die enge und komple­men­täre Bezie­hung von Vulnerabi­lität und Resilienz.

Im medialen Diskurs populär ist die psycho­lo­gi­sche Resi­lienz, die indi­vi­du­elle mental-emotionale Krisen­fes­tig­keit. Glaubt man den zahl­losen, während der Corona-Pandemie präsen­tierten Ratschlägen, so lässt sich diese mit einfa­chen Mitteln stei­gern – etwa, indem man sich morgens ein paar Linsen in die linke Hosen­ta­sche steckt und für jedes ange­nehme Erlebnis eine Linse in die rechte trans­fe­riert. Abends erstellt man dann seine tägliche Glücks­bi­lanz und siehe da, schon ist man wieder ein Stück­chen resi­li­enter geworden.

Trivial? Sonder­lich komplex ist die Psycho­logie der Resi­lienz tatsäch­lich nicht. Viel­mehr befrie­digt sie einen Bedarf nach leicht konsu­mier­baren Hand­lungs­an­lei­tungen, der ange­sichts der sich multi­pli­zie­renden Krisen­er­schei­nungen nicht kleiner geworden ist. Was Resi­lienz jedoch von ähnlich gela­gerten popu­lär­psy­cho­lo­gi­schen Konzepten wie Posi­tives Denken, Dank­bar­keit oder Acht­sam­keit unter­scheidet, ist die kleine Prise Nega­ti­vität, die das Konzept mit sich führt: Nur wer in echten Schwie­rig­keiten steckt, braucht Resi­lienz – und nur wer eine Krisen­si­tua­tion durch­ge­standen hat, kann wissen, wie es um die eigene Resi­lienz bestellt ist. Der mit dem Verweis auf die Allge­gen­wär­tig­keit von Krisen, Notlagen und Gefahren verbun­dene Schre­cken wird durch das Verspre­chen auf Bewäl­tig­bar­keit zugleich abge­mil­dert: Im Gedan­ken­ge­bäude der Resi­lienz gefasst bekommen selbst die schlimmsten Schick­sals­schläge einen posi­tiven Unterbau – etwa, wenn Betrof­fenen von Flut­ka­ta­stro­phen unter der Über­schrift Resi­lienz dazu geraten wird, doch einmal die Blick­rich­tung zu ändern: Wer weiß, viel­leicht findet sich ja in den Trüm­mern des eigenen Hauses der Ausgangs­punkt für ein neues und erfolg­rei­cheres Leben.

 Resi­lienz – ein elas­ti­sches Konzept

Nicht nur auf indi­vi­du­al­psy­cho­lo­gi­scher, auch auf poli­ti­scher und ökono­mi­scher Ebene reüs­siert Resi­lienz. Inner­halb der EU ist der Begriff „zur konzep­tio­nellen Allzweck­waffe für jegliche Form der Problem­be­wäl­ti­gung“ avan­ciert, vor allem im Kontext von Austeri­täts­po­li­tiken. Manche Ökonom*innen geraten ange­sichts der Super­kraft der Resi­lienz regel­recht ins Schwärmen: Eine resi­li­en­tere Gesell­schaft, so der Ökonom Markus Brun­ner­meier, erfreue sich lang­fristig eines stär­keren Wirt­schafts­wachs­tums – einfach, weil sie die übli­chen ebenso wie unüb­liche Konjunk­tur­ein­brüche und -schwan­kungen besser absor­bieren kann. Mit Resi­lienz einher geht aus seiner Sicht die Fähig­keit, Risiken einzu­gehen – und diese sei wiederum ein essen­zi­eller Wachs­tums­treiber. Tatsäch­lich gilt die so genannte orga­ni­sa­tio­nale Resi­lienz, in der sich die vielen indi­vi­du­ellen Resi­li­enzen der Mitarbeiter*innen aggre­gieren, für Unter­nehmen als eminenter Wett­be­werbs­vor­teil. Kein Wunder, dass viele Unter­nehmen versu­chen, die Resi­lienz ihrer Mitarbeiter*innen profes­sio­nell zu fördern – und dass uns Alltags­dis­kurse dazu auffor­dern, auch außer­halb der Arbeits­zeit zum Zwecke der Leis­tungs­stei­ge­rung unsere Resi­lienz auszu­bauen. Wo von Resi­lienz die Rede ist, gilt grund­sätz­lich: Leben – oder Arbeiten –  mit wenig Problemen ist eher wenig wünschens­wert. Denn erst die fort­lau­fende Konfron­ta­tion mit Unsi­cher­heit, Bedro­hung und Krise lässt unsere Widerstands-, aber eben auch unsere Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit wachsen. Aus dieser Sicht stellen sich Perso­nal­mangel, unkal­ku­lier­bare Markt­schwan­kungen, Liefer­eng­pässe und Rohstoff­knapp­heit als – indi­vi­du­elle wie orga­ni­sa­tio­nale – Wachs­tums­ge­le­gen­heiten dar.

Aller­dings kommt Resi­lienz inter­es­san­ter­weise nicht nur als norma­tiver Anker von Neoli­be­ra­lismus und „Wachs­tu­mismus“ zum Einsatz. Ange­sichts der Krisen­haf­tig­keit der Welt mehren sich Stimmen, die Resi­lienz in exakt entge­gen­ge­setzter Weise verstanden wissen wollen: als Silber­streif am Hori­zont, der uns den Weg in eine Gesell­schaft jenseits von Wachs­tums­eu­phorie und ökolo­gi­scher Zerstö­rung weist und als Sprung nach vorn in Rich­tung von mehr Demo­kratie, soziale Gerech­tig­keit und Nach­hal­tig­keit. Der Ökonom Jeremy Rifkin ist sogar über­zeugt, dass wir die Anfänge einer „Resi­li­en­z­re­vo­lu­tion“ erleben. Resi­lienz weist ihm zufolge den Weg aus der ökolo­gi­schen Kata­strophe und den Begren­zungen der parla­men­ta­ri­schen Demo­kratie zugleich.

Der diskrete Charme der Anpassung

Resi­lienz ist also ein viel­fach anwend­barer und dehn­barer Begriff – er bezeichnet nicht nur eine Art von Elas­ti­zität, sondern ist selbst ausge­spro­chen elas­tisch. Ursprüng­lich der Mate­ri­al­wis­sen­schaft entlehnt wird er Mitte des 20. Jahr­hun­derts auf zwei Weisen produktiv gemacht: erstens als psycho­lo­gi­sches Konzept, mit dem versucht wird zu ergründen, warum manche Menschen mit schwie­rigen Lebens­um­ständen besser zurecht­kommen als andere; zwei­tens als Para­digma der Ökosys­tem­theorie. Resi­lienz verweist im letzt­ge­nannten Zusam­men­hang auf die Fähig­keit von Wäldern, Flüssen und Gesell­schaften, unter der Einwir­kung von Schocks und Disrup­tionen lang­fristig zu über­leben. Die gemein­same Schnitt­stelle beider – epis­te­mo­lo­gisch eher schwer verein­barer – Perspek­tiven, der indi­vi­du­al­psy­cho­lo­gi­schen wie der system­theo­re­ti­schen, liegt im Begriff der Adap­tion: Resi­lient ist – egal ob Regen­wald oder Burn­out­be­trof­fene – wer oder was in der Lage ist, sich auf kata­stro­phale Umstände flexibel einzu­stellen. Resi­lienz meint also letzt­lich die Fähig­keit, sich an das Unsi­chere, Brüchige und Unkal­ku­lier­bare anzupassen.

Aller­dings muss nicht überall, wo es um Resi­lienz geht, von Resi­lienz die Rede sein. Resi­lienz als Denk­figur taucht nicht nur dort auf, wo der Begriff ganz explizit mit einer Flexi­bi­li­sie­rung von Löhnen nach unten, der Reduk­tion von Arbeitnehmer*innenrechten und der Senkung staat­li­cher Ausgaben im Kontext von Austeri­täts­po­litik gleich­ge­setzt wird. Sondern auch da, wo von Arbeitnehmer*innen – in welchem Voka­bular auch immer – die konti­nu­ier­liche Siche­rung der eigenen Belast­bar­keit und Leis­tungs­fä­hig­keit verlangt oder Bürger*innen zwecks Repa­ratur der sozialen Folge­kosten neoli­be­raler Priva­ti­sie­rungs­po­litik für unbe­zahltes Enga­ge­ment mobi­li­siert werden. Überall dort, wo Krisen­er­schei­nungen durch poli­ti­sche Inter­ven­tionen und Verhal­tens­steue­rungen so aufge­fangen oder zumin­dest abge­mil­dert werden, dass eine Infra­ge­stel­lung des Status Quo vermieden werden kann, ist die Denk­figur der Resi­lienz im Spiel.

Letzt­lich ist Resi­lienz ein Angebot, die Wirk­lich­keit zu deuten. Aller­dings geht es weniger um Weltsicht als um Hand­lungs­ori­en­tie­rung. Es handelt sich, wie sich in Anleh­nung an Michel Foucault formu­lieren lässt, um ein Programm der Menschen­füh­rung, das sich gegen­über vergleich­baren anderen Programmen als erfolg­reich erweist – und zwar genau deshalb, weil es zugleich mehr ist als bloß eine prak­ti­sche Gebrauchs­an­wei­sung und weniger als eine Ideo­logie. In wohlfahrtsstaatlich-liberalen Gesell­schaften werden solche Deutungs­an­ge­bote und Programme – also das, was Foucault „Gouver­ne­men­ta­lität“ genannt hat – nahe­lie­gen­der­weise nicht auto­ritär oktroy­iert, sondern sie oszil­lieren zwischen Politik, Wissen­schaft, Moral und Alltag, knüpfen an den jeweils vorherr­schenden common sense an und richten diesen zugleich neu aus.

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Resi­lienz und Schock-Doktrin

Trotz der Gegen­sätz­lich­keit der Ziel­vor­stel­lungen gibt es, wo von Resi­lienz die Rede ist, stets eine spezi­fi­sche Form der Problem­stel­lung, eine Art und Weise, Gesell­schaft und Subjekt zu denken. Dieser norma­tive Kern des Resi­li­en­z­kon­zeptes wird erkennbar, wenn man danach fragt, was im jewei­ligen Resi­li­en­z­dis­kurs in aller Regel NICHT auftaucht: Verant­wor­tung, Inter­essen, Konflikt. Ausge­spart bleiben struk­tu­relle Macht- und Herr­schafts­ver­hält­nisse, Fragen nach Eigen­tums­ver­hält­nissen etwa, aber auch danach, wer eigent­lich von den jewei­ligen Krisen und Kata­stro­phen, die Resi­lienz erfor­der­lich machen, profitiert.

Viele Autor*innen deuten die in den letzten Jahren enorm gewach­sene Popu­la­rität des Resi­li­en­z­kon­zeptes als Indiz einer Neuaus­rich­tung neoli­be­raler Gouver­ne­men­ta­lität. Dabei gehe es, so die Annahme, um nicht weniger als um eine neue Bedeu­tung des Begriffs Krise selbst. Diese werde nicht mehr als möglichst schnell zu über­win­dende Zwischen­phase, sondern als Zustand verstanden, der unbe­herrschbar wie unaus­weich­lich ist. Krisen können, diesem Narrativ zufolge, also nicht ein für allemal über­wunden, wohl aber erfolg­reich gema­nagt und bewäl­tigt werden. In der Konse­quenz wird die jewei­lige Krise nicht länger als Ausnahme von einem Normal­zu­stand, sondern auch als will­kom­mene Wachs­tums­ge­le­gen­heit gerahmt – promi­nent in den Worten von Milton Friedman, demzu­folge nur eine Krise echte Verän­de­rung erzeuge. Dabei reicht die Verwandt­schaft von Krise und Neoli­be­ra­lismus histo­risch weiter zurück – etwa zu der aus Sicht von Neoli­be­ralen erfolg­rei­chen Umset­zung der so genannten Schock-Doktrin in Pino­chets Chile in den 1970er Jahren. Mit der Finanz­markt­krise von 2008 und 2009 jedoch radi­ka­li­siert sich der Zusam­men­hang von Neoli­be­ra­lismus und Krise. Menschen, Umwelt, Märkte und Insti­tu­tionen sollen im Ange­sicht von unkal­ku­lier­baren Krisen­be­din­gungen ihre Fähig­keit ausbauen, Krisen so zu absor­bieren, dass sie das Funk­tio­nieren der globalen Finanz­märkte und der mit ihnen verbun­denen Chancen auf expo­nen­ti­elle Gewinn­ak­ku­mu­la­tion nicht gefährden. Auf diese Weise, so etwa Mitchell Dean, werde Schum­pe­ters Idee der schöp­fe­ri­schen Zerstö­rung der Ökonomie inner­halb neoli­be­raler Regime und Ratio­na­li­täten radi­ka­li­siert und naturalisiert.

Dieser Perspek­tive zufolge sind Krisen und Kata­stro­phen nicht in erster Linie bedroh­lich oder das, was es unbe­dingt zu verhin­dern gilt. Sie erscheinen viel­mehr als unver­meid­lich. Politik redu­ziert sich in diesem Zuschnitt darauf, Subjekte und Systeme fit zu machen für eine zumin­dest unge­wisse, wenn nicht überaus bedroh­liche Zukunft.

Resi­lient für die Zukunft?

Resi­lienz zu kriti­sieren, heißt sicher nicht, die Notwen­dig­keit von Krisen­prä­ven­tion und Anpas­sungs­maß­nahmen, etwa an den Klima­wandel, abzu­streiten. Ebenso wenig ist die Frage nach psycho­lo­gi­scher Resi­lienz grund­sätz­lich falsch: Niemand wünscht sich, schlecht durch eine Krise zu kommen oder gar trau­ma­ti­siert zu werden. Richtig ist sicher­lich auch, dass wir es zukünftig mit einer Zunahme von, wie Karl-Werner Brand es formu­liert hat, „Resi­li­en­z­kon­flikten“ zu tun bekommen werden, bei denen darum gestritten wird, wer welchen Preis für die Krisen­be­wäl­ti­gung zu zahlen hat.

Sicher ist jedoch: Wird Resi­lienz zu einem allge­meinen Leit­bild und Hand­lungs­ideal, dann werden Krisen und Kata­stro­phen immer mehr zum unver­meid­li­chen Normal­zu­stand erklärt, an den es sich in erster Linie besser anzu­passen gilt. Wo von Resi­lienz die Rede ist, treten norma­tive Grund­sätze wie Demo­kratie, Gleich­heit oder (Klima-)Gerechtigkeit gegen­über der Maxime einer kurz­fris­tigen Verhin­de­rung von (noch) Schlim­merem tenden­ziell in den Hinter­grund. Dabei handelt es sich aller­dings nicht, wie von Giorgio Agamben zu Beginn der Corona-Pandemie befürchtet, um einen schmit­tia­ni­schen Ausnah­me­zu­stand, sondern eher um eine fort­ge­schritten neoli­be­rale Form des Krisen­man­ge­ments, das auf flexibel ein -und ausge­setzten Ausnah­me­si­tua­tionen basiert: In denen auch Grund­rechte, je nach Lage der Dinge, prag­ma­tisch vorüber­ge­hend außer Kraft gesetzt werden, Bedarfe immer wieder neu prio­ri­siert werden  und Merkels zwei­fel­haftes Erfolgs­re­zept vom „Fahren auf Sicht“ mit Doppelwumms- und Epochenbruch-Rhetoriken kombi­niert wird, während sich demo­kra­ti­sche Parti­zi­pa­tion immer mehr darauf redu­ziert, demo­sko­pi­sche Umfragen auszu­werten und – mehr oder weniger erfolg­reich – die jeweils vorherr­schenden Stim­mungen in der Bevöl­ke­rung auszu­loten und mehr oder weniger geschickt von oben zu kalibrieren.

Die Antwort auf die Frage, ob Resi­lienz ein struk­tur­kon­ser­va­tives, wenn nicht kate­go­risch a-politisches Konzept ist, ob es also über­haupt eman­zi­pa­to­risch gewendet werden kann, hängt natür­lich davon ab, was jeweils unter Eman­zi­pa­tion verstanden wird – und kann deshalb hier nicht befrie­di­gend beant­wortet werden. Sicher ist aller­dings, dass eine Trans­for­ma­tion in einer tatsäch­lich ökologisch-soziale Welt­ge­sell­schaft, so utopisch diese Vision scheinen mag, niemals funk­tio­nieren wird, ohne dass geklärt wird, wer von kata­stro­phi­schen Zuständen auf welche Weise profi­tiert und schon allein deshalb wenig Inter­esse daran hat, sie zu verän­dern. Genauer zu beob­achten, bleibt daher, wem welche Form der Resi­lienz abver­langt wird. Es macht einen erheb­li­chen Unter­schied, ob die Perso­nal­ab­tei­lung im eigenen Unter­nehmen zur Teil­nahme an Resi­li­en­z­trai­nings animiert oder aber Bevöl­ke­rungen im globalen Süden ihre amtlich fest­ge­stellten Vulnerabi­li­täten so bear­beiten sollen, dass sie die Wohl­stands­ge­sell­schaften des globalen Nordens möglichst wenig mit Menschen ‚belasten‘, die vor Krieg, Gewalt und ökolo­gi­schen Kata­stro­phen fliehen. Der Verweis auf das vermeint­lich objektiv Notwen­dige, onto­lo­gisch Wahre oder das schlichte Über­le­ben­müssen verschleiert, wer wie von Krisen belastet wird und wer von ihnen profitiert.