Einem Klischee zufolge ist China der „kranke Mann Asiens“, wie dem Land gerade wieder vorgeworfen wird. Um 1900 hatte das durchaus seine Berechtigung. Unter Mao aber hat die chinesische Gesundheitspolitik unbestreitbare Erfolge erzielt. Doch gilt das auch heute noch?

  • Felix Wemheuer

    Felix Wemheuer ist Professor für Moderne China-Studien an der Universität zu Köln. Er publizierte unter anderem „Social History of Maoist China“ (Cambridge 2019) und „Famine Politics in Maoist China and the Soviet Union” (New Haven 2014).

Am 3. Februar 2020 veröf­fent­lichte die US-amerikanische Tages­zei­tung Wall­street Journal einen Kommentar mit der Über­schrift „China ist der wahre kranke Mann Asiens“. Der chine­si­schen Regie­rung wurde vorge­worfen, das Ausmaß der Verbrei­tung des Corona-Virus zu vertu­schen und keine effek­tiven Maßnahmen zur Eindäm­mung der Epidemie einzu­leiten. Es dauerte nicht lange, bis die chine­si­sche Regie­rung den „Rassismus“ der Tages­zei­tung kriti­sieren und zwei ihrer China-KorrespondentInnen des Landes verweisen ließ.

Mit der Zuschrei­bung vom „kranken Mann Asiens“ traf der Kommen­tator China an einer empfind­li­chen Stelle: Im Über­gang vom 19. zum 20. Jahr­hun­dert hatten natio­na­lis­ti­sche Reformer wie Yan Fu und Liang Qichao den Begriff selbst benutzt, um den Nieder­gang des Qing-Imperiums vor dem Hinter­grund des Eindrin­gens des west­li­chen Impe­ria­lismus zu beschreiben. Sowohl die Natio­na­listen der Guomindang als auch die Kommu­nis­ti­sche Partei Chinas (KPCh) schrieben sich auf die Fahnen, aus dem „kranken Mann Asiens“ eine starke und gesunde Nation zu formen, die in der Lage sein sollte, Angriffe auf die natio­nale Souve­rä­nität abzu­wehren. Nach der Macht­über­nahme 1949 durch KPCh wurden Kampa­gnen zur Seuchen­be­kämp­fung sowie der Aufbau eines flächen­de­ckenden Gesund­heits­sys­tems wich­tige Elemente beim Aufbau des „neuen China“. Eine der größten Heraus­for­de­rungen sind in diesem Zusam­men­hang bis heute die Dispa­ri­täten zwischen Stadt und Land zu über­winden und der Land­be­völ­ke­rung Zugang zur Versor­gung zu gewähr­leisten. Seit den späten 1960ern versucht die Volks­re­pu­blik, die eigene Gesund­heits­po­litik als Erfolgs­mo­dell inter­na­tional zu etablie­renden und durch Gesund­heits­di­plo­matie außen­po­li­ti­sche Aner­ken­nung zu erlangen.

Mobi­li­sie­rung der Massen für patrio­ti­sche Hygiene

1949 befand sich das Land nach einer langen Phase von Kriegen, japa­ni­scher Besat­zung und Bürger­krieg in einem desas­trösen Zustand. China war damals eines der ärmsten Länder der Welt. Jähr­lich starben Millionen von Menschen an Krank­heiten wie Pest, Cholera, Pocken, Diph­terie, Typhus oder Malaria. In den reis­pro­du­zie­renden Regionen des Südens war außerdem die Wurm­er­kran­kung Bilhar­ziose häufiger Grund für Arbeits­un­fä­hig­keit und Tod.  Moderne Kran­ken­häuser gab es außer­halb der Städte kaum. Die länd­liche Bevöl­ke­rung wurde von öffent­li­cher Gesund­heits­ver­sor­gung nicht erreicht und war auf chine­si­sche Heil­kräu­ter­me­dizin, Wunder­heiler oder Quack­salber angewiesen.

Die KPCh versprach Anfang der 1950er ein Gesund­heits­system aufzu­bauen, das auf Präven­tion ausge­richtet ist, den „Arbeiter und Bauern dienen“ sowie „west­liche und chine­si­sche Medizin kombi­nieren“ sollte (sprich „Schul­me­dizin“ mit chine­si­scher Kräu­ter­heil­kunde und Akupunktur). Ein wich­tiges Element der Gesund­heits­po­litik der Mao-Ära (1949-1976) war die Mobi­li­sie­rung der Bevöl­ke­rung in Massen­kam­pa­gnen. Zur Infor­ma­tion über Krank­heiten und Erzie­hung zu tägli­chen Hygie­ne­maß­nahmen wurde ein macht­voller Propa­gan­da­ap­parat einge­setzt: Plakate, Lieder, Spiel­filme, Radio­sen­dungen, Comics und popu­lär­wis­sen­schaft­liche Hand­bü­cher warben für Hände­wa­schen, Müll­be­sei­ti­gung, Abko­chen von Trink­wasser oder Verwen­dung von Moskitonetzen.

„Ever­y­body must take precau­tions against epide­mics to smash the germ warfare of American impe­ria­lism!“, 1952; Quelle: chineseposters.com

Schon früh verband die Regie­rung Gesund­heits­po­litik mit natio­na­lis­ti­scher Mobi­li­sie­rung. Zum Beispiel behaup­teten die Staats­me­dien 1952 im Zusam­men­hang mit dem Korea-Krieg, dass die US-Streitkräfte durch den Abwurf verseuchter Insekten biolo­gi­sche Kriegs­füh­rung auf chine­si­sches Staats­ge­biet ausge­weitet hätten. In der „Patrio­ti­schen Hygiene-Kampagne“ begann der Staat auch die länd­liche Bevöl­ke­rung flächen­de­ckend zu impfen. Propa­gan­da­pla­kate stellten den Stich mit der Nadel als patrio­ti­schen Beitrag im Kampf gegen den „US-Imperialismus“ dar.

Der Partei­vor­sit­zende Mao Zedong setzte seine Auto­rität ein, um mehr­fach Massen­kam­pa­gnen gegen Bilhar­ziose zu forcieren. Zunächst wurde die Land­be­völ­ke­rung mobi­li­siert, um die Schne­cken, die Zwischen­wirte der Erreger, im Wasser einzu­sam­meln und zu vernichten. Im Juli 1958 verfasste Mao das berühmte Gedicht „Lebwohl Seuchen­gott“, nachdem ihn die Nach­richt erreichte, ein Bezirk habe Bilhar­ziose ausge­rottet. Nach offi­zi­eller Darstel­lung gelang es der Regie­rung schon in den 1950ern, Pest, Cholera, Leish­ma­ni­asis und Masern unter Kontrolle zu bringen. Die Histo­ri­kerin Miriam Gross hat gezeigt, dass der entschei­dende Erfolg im Kampf gegen Bilhar­ziose aller­dings erst in den frühen 1970ern erzielt werden konnten. Das äußerst arbeits­in­ten­sive Einsam­meln der Schne­cken war bei Bauern und lokalen Kadern auf stillen Wider­stand gestoßen, da es Arbeits­kräfte aus der Land­wirt­schaft abzog. Der Durch­bruch wurde erreicht, nachdem die Zentral­re­gie­rung bereit war, große Summen in die Kampagne zu inves­tieren und Medi­ka­mente zur Behand­lung massen­haft produ­ziert werden konnten. Auch wenn Bilhar­ziose bis heute in China nicht voll­ständig ausge­rottet ist, so bewertet Gross die Kampagne zur Eindäm­mung während der späten Mao-Ära dennoch als Erfolg.

Länd­liche Gesund­heits­ver­sor­gung und „Barfuß­ärzte“

In den 1950ern war es der Regie­rung gelungen, für die Stadt­be­völ­ke­rung eine öffent­liche Gesund­heits­ver­sor­gung über ihre Arbeits­ein­heiten in den sozia­lis­ti­schen Staats­un­ter­nehmen aufzu­bauen. Der Land­be­völ­ke­rung, immerhin über 80 Prozent der Bevöl­ke­rung, Zugang zu Kran­ken­häu­sern und Ärzten zu gewähr­leisten, ging nur schlep­pend voran. Während der Hungersnot des „Großen Sprungs nach vorne“ (1959-1961) mit 15 bis 40 Millionen Toten brach die Regie­rung den Versuch, Bauern grund­sätz­lich kosten­lose Behand­lung in den Kreis­kran­ken­häu­sern zu garan­tieren, aus Kosten­gründen ab. Nach 1962 legten die Brigaden der Volks­kom­munen aus eigenen Mitteln Budgets an, um eine kollek­tive länd­liche Gesund­heits­ver­sor­gung aufzubauen.

1965 leitete Mao persön­lich eine Wende in der Gesund­heits­po­litik ein. In der soge­nannten „Anwei­sung vom 26. Juni“ griff Mao das Gesund­heits­mi­nis­te­rium scharf an, das nur den „städ­ti­schen Herren“ und nicht den breiten Bauern­massen dienen würde. Zur medi­zi­ni­schen Ausbil­dung sollten nicht nur Absol­venten der Mittel- oder Ober­schulen zuge­lassen werden. In diesem Jahr schickte die Regie­rung über 150.000 städ­ti­sche Ärzte und medi­zi­ni­sches Personal auf das Land, die in Schnell­kursen über 200.000 „medi­zi­ni­sche Arbeiter“ als Hilfs­kräfte ausbil­deten. 1968 star­tete die Regie­rung das Programm für die Ausbil­dung soge­nannter „Barfuß­ärzte“. Der Name entstand, weil einige von ihnen ohne Schuhe in bewäs­serte Reis­felder gingen, um Bauern bei der Arbeit zu behan­deln. Im Unter­schied zu den Ärzten in Kreis­kran­ken­häu­sern waren die „Barfuß­ärzte“ Mitglieder der Brigaden der Volks­kom­munen und wurden wie Bauern in Arbeits­punkten bezahlt. Die Trai­nings­zeit vari­ierte von einigen Wochen bis hin zu einigen Monaten. Dann folgte das Lernen durch Praxis.

Unter den „Barfuß­ärzten“ befanden sich sowohl tradi­tio­nelle Heil­prak­tiker als auch auf das Land verschickte städ­ti­sche „gebil­dete Jugend­liche“, die einen Mittel­schul­ab­schluss besaßen. Insge­samt ließ die Regie­rung während der Kultur­re­vo­lu­tion (1966-76) 16 Millionen „gebil­dete Jugend­liche“ auf das Land schi­cken. Sie konnten assis­tieren, zum Beispiel bei Impf­kam­pa­gnen, Statis­tiken erstellen oder die Buch­hal­tung über­nehmen. Auch viele Frauen wurden ausge­bildet, sie hatten einen leich­teren Zugang zu den Häusern der Bauern als Männer.

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In offi­zi­ellen Darstel­lungen liefen die „Barfuß­ärzte“ mit einem Koffer über die Dörfer, in denen sowohl chine­si­sche Heil­kräuter als auch Tabletten und Spritzen für Injek­tionen vorhanden waren. Die „Barfuß­ärzte“ sollten vor allem präventiv infor­mieren, einfache Behand­lungen vornehmen und auch selbst an körper­li­cher Arbeit auf den Feldern teil­nehmen. Tatsäch­lich aber haben die „Barfuß­ärzte“ dazu beigetragen, auf Dörfern „west­liche Medizin“ durch­zu­setzen, da der Staat Anfang der frühen 1970er in der Lage war, Medi­ka­mente relativ kosten­günstig zu produ­zieren. Gerade auf Grund ihrer kurzen Ausbil­dung schien es vielen „Barfuß­ärzten“ einfa­cher, Tabletten zu verschreiben, als kompli­zierte Rezepte der chine­si­schen Kräu­ter­me­dizin anzu­fer­tigen. Auch bei den Bauern nahm die Popu­la­rität der chine­si­schen Heil­me­thoden in Folge ab.

Gesund­heits­di­plo­matie im Globalen Süden

„The feelings of friend­ship between the peoples of China and Africa are deep“, 1972; Quelle: chinaposters.net

Auf globaler Ebenen propa­gierte die Volks­re­pu­blik China nach 1968 das Modell der „Barfuß­ärzte“ als dezen­trale, lokal veran­kerte, auf Präven­tion fokus­sierte und kosten­güns­tige Lösung der Gesund­heits­ver­sor­gung für Entwick­lungs­länder. Seit dem Bruch mit der Sowjet­union um 1960 versuchte die Regie­rung, vor allem unter den neuen unab­hän­gigen Staaten auf dem afri­ka­ni­schen Konti­nent Verbün­dete zu gewinnen. Auf Propa­gan­da­pla­katen machten chine­si­sche „Barfuß­ärzte“ afri­ka­ni­sche Kinder glück­lich. Zwischen 1963 und 1989 schickte China medi­zi­ni­sche Teams in über 40 afri­ka­ni­sche Länder. Bei der medi­zi­ni­schen Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit konkur­rierte der maois­ti­sche „Barfuß­arzt“ mit Modellen aus den USA und sozia­lis­ti­schen Ländern. Im sozia­lis­ti­schen Sansibar zum Beispiel hielten Poli­tiker in den 1960ern den chine­si­schen Ansatz für geeignet, um mit wenig Aufwand die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung zu verbes­sern. Für ein konkur­rie­rendes Kran­ken­haus­pro­jekt der DDR fehlten hingegen lang­fristig tech­ni­sche Wartungs­mög­lich­keiten und quali­fi­ziertes Personal.

Nach der Annä­he­rung der Volks­re­pu­blik an die USA ab 1971 lud die Regie­rung west­liche Ärzte nach China ein. Einige ließen sich für das chine­si­sche Modell begeis­tern. 1975 produ­zierte die Behörde der Verei­nigten Staaten für inter­na­tio­nale Entwick­lung sogar den Doku­men­tar­film „The Barfoot Doctors of Rural China“, der gemäß der offi­zi­ellen chine­si­schen Darstel­lung das länd­liche Gesund­heits­system feierte. Ameri­ka­ni­sche Ärzte, die China besucht hatten, halfen sogar, das chine­si­sche Modell in der WHO als Vorbild für die Entwick­lungs­länder zu propa­gieren. Nachdem die Volks­re­pu­blik in der UNO 1971 die Repu­blik China (Taiwan) ablösen konnte, wurde sie 1973 auch Mitglied der WHO. Die WHO-Konferenz in Alma Ata 1978 beschloss eine Reso­lu­tion zur „primären Gesund­heits­ver­sor­gung“, die Präven­tion, Aufklä­rung und Grund­ver­sor­gung in den Vorder­grund stellte und bis zum Jahr 2000 „Gesund­heit für alle“ in den Entwick­lungs­län­dern verwirk­li­chen sollte. Auch wenn die Reso­lu­tion vom chine­si­schen Modell mitin­spi­riert war, bemühte sich das Gast­ge­ber­land Sowjet­union im Rahmen der Konfe­renz die eigenen „Errun­gen­schaften“ im länd­li­chen Kasach­stan zu demonstrieren.

Doch nicht alle Aspekte des maois­ti­schen Modells waren auf andere Entwick­lungs­länder über­tragbar. Vielen Staaten fehlten die Kapa­zität oder der Wille, Teile der städ­ti­schen Ärzte­schaft oder Millionen „gebil­deter Jugend­li­cher“ zwangs­weise auf das Land zu schi­cken sowie die Mobi­lität der Bevöl­ke­rung zu regle­men­tieren. Diese Maßnahmen waren im maois­ti­schen China jedoch der auto­ri­täre Rahmen für das Programm der „Barfuß­ärzte“.

Insge­samt betrachtet war die maois­ti­sche Gesund­heits­po­litik in China erfolg­reich, wenn man den Ausgangs­punkt zur Grün­dung der Volks­re­pu­blik 1949 zum Vergleich heran­zieht. Zwischen 1953 und 1976 fiel die Säug­lings­sterb­lich­keit von 128 auf 61 pro Tausend. Die durch­schnitt­liche Lebens­er­war­tung stieg im glei­chen Zeit­raum von 40 auf 64 Jahre. Durch regio­nale Dispa­ri­täten bei der wirt­schaft­li­chen Entwick­lung ist jedoch anzu­nehmen, dass die Lebens­er­war­tung an der Ostküste Mitte der 1970er um zehn Jahre länger war als in den armen Provinzen im Westen. Bei den häufigen Todes­ur­sa­chen hatte China inner­halb von nur 30 Jahren eine Trans­for­ma­tion von infek­tiösen zu chro­ni­schen Krank­heiten durch­laufen, obwohl es vom ökono­mi­schen Entwick­lungs­stand noch ein Land der „Dritten Welt“ war.

Epide­mien und der Wieder­aufbau der länd­li­chen Gesundheitsversorgung

Nur wenige Jahre nach den Erfolgen in der Gesund­heits­di­plo­matie der 1970er rückte China selbst vom maois­ti­schen Modell ab. Mit der Dekol­lek­ti­vie­rung der Land­wirt­schaft unter Führung von Deng Xiao­ping wurden Anfang der 1980er die Volks­kom­munen aufge­löst. Damit brach auch die kollek­tive Gesund­heits­ver­sor­gung zusammen, deren Finan­zie­rung von den Kommunen abhing. Die Regie­rung beschloss, dass „Barfuß­ärzte“ als „Dorf­ärzte“ nur weiter prak­ti­zieren durften, wenn sie eine Prüfung bestanden. Viele verließen die Dörfer oder machten sich als private Ärzte selb­ständig. Während die Land­be­völ­ke­rung ihre Kran­ken­ver­si­che­rung verlor, mussten „Dorf­ärzte“ versu­chen, vor allem über die Verschrei­bung von Medi­ka­menten ihre Einkommen aufzu­bes­sern. Regie­rung und Ärzte gaben den präven­tiven Ansatz der Mao-Ära auf. Der rasante wirt­schaft­liche Aufschwung besserte zunächst länd­liche Einkommen, das Ernäh­rungs­ni­veau und das Angebot von Medi­ka­menten auf dem Markt. In den Städten ließ die Regie­rung in der Hoch­phase des „Neoli­be­ra­lismus“ der 1990er das Gesund­heits­wesen kommer­zia­li­sieren und teil­pri­va­ti­sieren. Eine schwere Krank­heit konnte nun den Ruin einer Familie bedeuten. Öffent­liche Gesund­heits­ver­sor­gung stand nicht im Zentrum der Aufmerk­sam­keit, sondern die Entwick­lung der Wirt­schaft, die unter der Führung von Deng zum „Kardi­nal­prinzip“ erklärt wurde.

Erst nach der länd­li­chen HIV/Aids-Epidemie in Nord­china und SARS-Krise 2002/2003 war die Regie­rung unter Hu Jintao bereit, größere Summen in den Wieder­aufbau einer kollek­tiven Gesund­heits­ver­sor­gung auf dem Land zu inves­tieren. Auch „Dorf­ärzte“ sollten durch diverse Programme wieder aufge­wertet und teil­fi­nan­ziert werden.

Nach offi­zi­ellen Angaben besitzt heute über 95 Prozent der Chinesen eine Kran­ken­ver­si­che­rung. Aller­dings gibt es weiterhin für Stadt- und Land unter­schied­liche und nicht kompa­tible Systeme der Kosten­er­stat­tung. Behand­lungs­kosten werden ohnehin nur teil­weise erstattet. Die regio­nalen Unter­schiede im Niveau der Gesund­heits­ver­sor­gung sind so groß, dass viele Menschen bei kompli­zierten Krank­heiten in die Mega­städte fahren. Dort reihen sie sich in die Schlangen vor den „Elite­kran­ken­häu­sern“ ein, auch wenn sie die Behand­lung selbst bezahlen müssen. Die große Dispa­rität zwischen der städ­ti­schen und länd­li­chen Versor­gung, die Mao schon 1965 kriti­sierte, wurde bis heute nicht überwunden.