Der äthiopische Bürgerkrieg um die Provinz Tigray ist nicht nur ein „lokaler“ ethno-nationalistischer Konflikt um Souveränitäts- und Territorialansprüche irgendwo im fernen Afrika. Ganz im Gegenteil: Der aggressive Nationalismus der äthiopischen Eliten wird seit Jahrzehnten auch durch die internationale Kulturpolitik befeuert.

  • Marie Huber

    Marie Huber forscht an der HU Berlin aus globalhistorischer Perspektive zu internationaler Entwicklungspolitik, Wirtschafts- und Staatsgeschichte im postkolonialen Afrika und leitet dort ein Projekt zur Geschichte der Luftfahrt und ökonomischen Erwartungen in Westafrika. Ihr erstes Buch untersucht den Zusammenhang von internationaler und nationaler Entwicklungs- und Kulturpolitik in Äthiopien.
Geschichte der Gegenwart
Geschichte der Gegenwart 
Die Poli­ti­sie­rungs­ma­schine. Inter­na­tio­nale Kultur­po­litik und Bürger­krieg in Äthiopien
/

Der Bürger­krieg in Äthio­pien wird in west­li­chen Medien vor allem als ein regio­naler Konflikt zwischen verschie­denen ethni­schen Gruppen darge­stellt. Doch die Dinge sind weitaus komplexer – und inter­na­tio­naler, als es scheinen mag. Denn der blutige Konflikt steht in einem direkten Zusam­men­hang mit einer natio­na­lis­ti­schen Kultur- und Geschichts­po­litik, die ihre Wirk­sam­keit maßgeb­lich durch das inter­na­tio­nale Inter­esse am äthio­pi­schen Kultur­erbe erlangte. Gerade das UNESCO-Welterbeprogramm trug in Äthio­pien dazu bei, das Narrativ von der Vormacht­stel­lung der christlich-amharischen Hoch­land­kultur recht­lich zu veran­kern und zu poli­ti­sieren. Äthio­pien ist mithin ein eindrück­li­ches Beispiel dafür, dass der Kampf um die Deutungs­ho­heit über die histo­ri­sche Legi­ti­ma­tion von Souveränitäts- und Terri­to­ri­al­kon­flikten in multi­eth­ni­schen Gesell­schaften sich auch in einer inter­na­tio­nalen Arena abspielt und vermeint­lich lokale Konflikte ohne die Einbet­tung in globale Zusam­men­hänge nicht zu verstehen sind.

Als ideo­lo­gi­sche Grund­lage für den gegen­wär­tigen Konflikt um die Region Tigray in Äthio­pien fungieren konkur­rie­rende histo­ri­sche Erzäh­lungen eines pan-äthiopischen oder ethni­schen Natio­na­lismus, die in den letzten Jahr­zehnten poli­ti­siert wurden. Sie alle arbeiten sich auf die ein oder andere Weise an der Frage ab, ob das heutige Äthio­pien das Resultat eines kolonial-imperialen Projekts oder aber eines vorko­lo­nialen histo­ri­schen Inte­gra­ti­ons­pro­zesses ist.

Von der Idee eines groß-äthiopischen Staates…

Touris­mus­wer­bung mit der Königin von Saba, 1961

Vor allem Letz­teres ist eine sehr macht­volle Erzäh­lung, die den histo­ri­schen Ursprung Äthio­piens in die Mitte des ersten Jahr­tau­sends v. Chr. verlegt: Ihr gemäß soll der legen­däre König Menelik I. aus einer flüch­tigen Verbin­dung der sagen­um­wo­benen Königin von Saba mit König Salomo von Jeru­salem hervor­ge­gangen sein. Bis heute setzen viele Äthiopier:innen den Beginn ihrer Geschichte mit diesem mythi­schen Ursprung der salo­mo­ni­di­schen Herr­scher­dy­nastie gleich. Auf Menelik beriefen sich aber nicht nur die Salo­mo­niden, die von 1270 bis 1975 über Äthio­pien herrschten; auch die christ­liche, die äthiopisch-orthodoxe Tewahedo-Kirche, und die Rasta­faris stellen sich in diese Linie. Zudem betrachten nach wie vor viele Historiker:innen Äthio­piens die Verbin­dung der Königin von Saba mit Salomon als die Grün­dungs­szene des äthio­pi­schen Nationalstaats.

Jenseits dieser mythi­schen Ursprungs­ge­schichte ist aber fest­zu­halten, dass sich erst ab Mitte des 19. Jahr­hun­derts eine zentral regierte äthio­pi­sche Monar­chie etablierte und in Verbin­dung damit ein erwei­tertes Herr­schafts­ge­biet. Und erst mit Beginn der 1950er Jahre wurde die „natio­nale Frage“, die Frage nach der natio­nalen Iden­tität der Bewohner:innen des groß-äthiopischen Staats­ge­bietes, in dem sich über 80 Ethnien unter­scheiden lassen, zuneh­mend instru­men­ta­li­siert, um Gebiets­an­sprüche zu legi­ti­mieren und die Natio­nal­staats­bil­dung voranzutreiben.

Kaiser Haile Selassie, 1930er Jahre; Quelle: spiegel.de

Unter der Regie­rung von Haile Selassie I. (1892-1975) wurde ein groß-äthiopischer Natio­na­lismus propa­giert und durch rigo­rose Maßnahmen zur kultu­rellen Assi­mi­la­tion umge­setzt. Amha­risch, obwohl nur für gut 30 Prozent der Bevöl­ke­rung Mutter­sprache, wurde zur offi­zi­ellen äthio­pi­schen Sprache erklärt, und die Geschichte und Kultur der ethno-linguistischen Gruppen der Amharen und Tigray, also der christ­li­chen Hoch­land­be­völ­ke­rung Äthio­piens, zur allge­meinen äthio­pi­schen Geschichte erklärt. Zahl­reiche klei­nere ethni­sche und lingu­is­ti­sche Gruppen, vor allem aus dem Süden des Landes, die auch erst Anfang des 20. Jahr­hun­derts durch Erobe­rung Teil des äthio­pi­schen Staats­ge­bietes wurden, erhielten im imperial-nationalistischen Narrativ einen Status als „geschichts­lose“ Völker.

Beson­ders von dieser Politik betroffen waren die Oromo, die größte ethni­sche Gruppe Äthio­piens, die über­wie­gend in den südli­chen Gebieten des Landes lebt. Seit dem 11. Jahr­hun­dert entwi­ckelten sich in der über­wie­gend pastoral lebenden Oromo-Gesellschaft eigene reli­giöse und poli­ti­sche Tradi­tionen, ab dem 17. Jahr­hun­dert begann in einigen Gebieten ein schritt­weiser Wandel zur Sess­haf­tig­keit und Ackerbau und eine Inte­gra­tion in das christ­liche äthio­pi­sche König­reich. Im späten 19. Jahr­hun­dert wurde das gesamte Oromo König­reich im Zuge der impe­rialen Expan­sion dem äthio­pi­schen Reich ange­schlossen. In der offi­zi­ellen Histo­rio­gra­phie wurden diese Ereig­nisse bis in die 1990er Jahre als Zivi­li­sie­rungs­mis­sion und gelun­genes Eini­gungs­pro­jekt erzählt, und die Oromo als barba­ri­sche Inva­soren darge­stellt, die im 16. Jahr­hun­dert in das äthio­pi­sche Kern­land einge­drungen seien. Dieses Narrativ sollte die poli­ti­sche Margi­na­li­sie­rung, wirt­schaft­liche Ausbeu­tung und kultu­relle Assi­mi­la­tion legi­ti­mieren, die unter Haile Selassie I. ihren Höhe­punkt erreichte und deren Folgen bis heute nachwirken.

Diese natio­na­lis­ti­sche Geschichts­po­litik fand auch in der Grün­dung neuer staat­li­cher Insti­tu­tionen ihren Ausdruck. Zwischen 1950 und 1970 wurden mit dem archäo­lo­gi­schen Institut, der Denk­mal­be­hörde, dem Natio­nal­mu­seum, dem Natur­kun­de­mu­seum, dem ethno­lo­gi­schen Museum und dem Insti­tute for Ethio­pian Studies an der noch jungen Addis Ababa Univer­sity buch­stäb­lich die Produk­ti­ons­orte der neuen Natio­nal­ge­schichte unter strenger staat­li­cher Kontrolle gegründet. 

…zu ethni­schen Nationalismen

Mengistu Haile Mariam; Quelle: imdb.com

Nach der sozia­lis­ti­schen Revo­lu­tion 1974 erfuhr der groß-äthiopische Natio­na­lismus aller­dings eine Umdeu­tung. In den folgenden Jahren wurde Äthio­pien von einem mili­tä­ri­schen Verwal­tungsrat (Derg) unter der Führung von Mengistu Haile Mariam dikta­to­risch regiert. Im Stil der marxistisch-teleologischen Geschichts­deu­tung wurde die Monar­chie ab der Mitte des 19. Jahr­hun­derts und damit dem Zeit­raum, in welchem sich der moderne äthio­pi­sche Natio­nal­staat formal sowie terri­to­rial konso­li­dierte, als „Feudal­herr­schaft“ und „Zeit der Unter­drü­ckung“ der länd­li­chen Bevöl­ke­rung denun­ziert. Diese „feudale“ Periode wurde in der staat­li­chen Propa­ganda als kurze, unheil­volle Unter­bre­chung in der jahr­tau­sen­de­alten Entwick­lung Äthio­piens erzählt – und stand para­doxer Weise dennoch nicht im Wider­spruch zur Vorstel­lung einer Konti­nuität der glor­rei­chen antiken Wurzeln des Landes. Und auch wenn nun ethni­sche Viel­falt Eingang in das offi­zi­elle Regie­rungs­pro­gramm fand, so wurde doch die Kultur- und Geschichts­po­litik weiterhin wesent­lich als Assi­mi­la­ti­ons­po­litik betrieben. Das zeigte sich auch daran, dass in den geschichts­po­li­ti­schen Insti­tu­tionen weit­ge­hend Perso­nal­kon­ti­nuität zum Kaiser­reich herrschte, ganz im Gegen­satz zu den meisten anderen Berei­chen des Staats­ap­pa­rates, die in den Jahren des „Red Terror“ einer brutalen ideo­lo­gi­schen Säube­rung unter­zogen wurden.

Gerade die Befrei­ungs­rhe­torik aber, die den Sturz des Kaisers ideo­lo­gisch getragen hatte, führte während des sozia­lis­ti­schen Mili­tär­re­gimes auch zur Bildung zahl­rei­cher ethnisch-nationalistischer Befrei­ungs­fronten und einem Bürger­krieg, der Jahr­zehnte andau­erte. Erst 1991 gelang es schließ­lich einer Koali­tion aus mehreren natio­nalen Befrei­ungs­fronten, der Ethio­pian People’s Revo­lu­tio­nary Front (EPRDF), an die Macht zu kommen. Mit der neuen Verfas­sung von 1995 fand ein radi­kaler Wechsel in der natio­na­lis­ti­schen Ausrich­tung statt. Durch sie wurden neun ethni­sche Bundes­staaten geschaffen, und das Prinzip des ethni­schen Föde­ra­lismus und das Recht zur Selbst­be­stim­mung der einzelnen ethni­schen Natio­na­li­täten in der Verfas­sung verankert.

Sie können uns unter­stützen, indem Sie diesen Artikel teilen: 

Die Rolle der Geschichts­schrei­bung wandelte sich damit von einer Wissen­schaft im Dienste des Natio­nal­staats zu einer Wissen­schaft, die versuchte, Antworten auf das Dilemma der Reprä­sen­ta­tion in der multi­eth­ni­schen Gesell­schaft zu finden. In den letzten zwanzig Jahren ließ sich in Folge dessen die Dekon­struk­tion einer allge­meinen äthio­pi­schen Geschichte in viele neue, konkur­rie­rende Histo­rio­gra­phien beob­achten, die um die Frage kreisen, wie lange die Tradi­ti­ons­li­nien recht­li­cher, kultu­reller, poli­ti­scher und reli­giöser Systeme der verschie­denen ethni­schen Gesell­schaften zurück­rei­chen, wo sie terri­to­rial zu verorten sind – und welche Rolle ihnen in der äthio­pi­schen Geschichte zukommen sollte: eine eigen­stän­dige, inte­grierte oder unter­ge­ord­nete? Vertreter:innen der Oromo-, Somali- oder Sidamo-Studies posi­tio­nieren sich mit ihren verschie­denen, ethnisch-nationalistischen Geschichten gegen­ein­ander und produ­zieren konkur­rie­rende histo­ri­sche Narra­tive, die in den sozialen, poli­ti­schen und mili­tä­ri­schen Konflikten der letzten Jahre große Spreng­kraft entfaltet haben.

Äthio­pi­sche Natio­nal­ge­schichte und orien­ta­lis­tisch gedeu­tete Weltgeschichte

Felsen­kirche von Lali­bela, UNESCO-Welterbe; Quelle: wikipedia.org

Dazu kommt aller­dings noch ein Weiteres. Äthio­pien fungierte seit langem auch als Projek­ti­ons­fläche für west­liche Vorstel­lungen von einer ursprüng­li­chen, unbe­rührten christ­li­chen Enklave in Afrika. Dieses idea­li­sierte Bild eines genuin christ­li­chen Äthio­piens spielte mithin eine wich­tige Rolle bei der Konstruk­tion des domi­nie­renden histo­ri­schen Narra­tivs vom äthio­pi­schen Natio­nal­staat. Während des Kaiser­reichs ebenso wie in der Zeit des äthio­pi­schen Sozia­lismus war das wach­sende wissen­schaft­liche und kultur­po­li­ti­sche Inter­esse aus dem west­li­chen Ausland Bestand­teil der natio­na­lis­ti­schen Geschichts­po­litik. Im Zentrum dieser orien­ta­lis­ti­schen Faszi­na­tion standen die in Europa bis dahin nur wenig bekannten christ­li­chen Stätten im Norden Äthio­piens, darunter drei der ältesten und berühm­testen UNESCO-Welterbestätten Afrikas: Die Fels­kir­chen von Lali­bela, die der Legende nach im 12. Jahr­hun­dert in Anleh­nung an Jeru­salem gebaut wurden, die mittel­al­ter­li­chen Burgen von Gondar und die antiken Palast­an­lagen und Stelen­felder von Aksum, die Heimat der sagen­haften Königin von Saba. Das hatte zur Folge, dass in der inter­na­tio­nalen Wahr­neh­mung ein nur sehr kleiner Teil der äthio­pi­schen Landes­ge­schichte zur National- und Univer­sal­ge­schichte hoch­sti­li­siert wurde: jener Teil nämlich, der die Verbin­dungen der lokalen poli­ti­schen Elite zu einer global ausgrei­fenden, euro­zen­tri­schen Zivi­li­sa­ti­ons­ge­schichte repräsentierte.

Schutz­dach über einer Fels­kirche in Lali­bela; Foto: Marie Huber

Ab den 1960er Jahren verstärkte sich das inter­na­tio­nale Enga­ge­ment für das äthio­pi­sche Kultur­erbe, insbe­son­dere durch die UNESCO, um die Restau­rie­rung und Entwick­lung der histo­ri­schen und land­schaft­li­chen Stätten als kultur­tou­ris­ti­sche Desti­na­tionen voran­zu­bringen. Die Restau­rie­rungs­maß­nahmen und Infra­struk­tur­pla­nungen beschränkten sich dabei weit­ge­hend auf jene wenigen Orte, die bereits zu Welt­erbe­stätten erklärt worden waren. Diese wurden so zu einer Bühne, auf denen die natio­na­lis­ti­sche Geschichts­po­litik vor inter­na­tio­nalem Publikum ihren weit­rei­chenden Geltungs­an­spruch demons­trieren konnte.   

Durch die von der UNESCO entsandten Experten wurden Denk­mal­pflege und museale Präsen­ta­tion auf den wissen­schaft­li­chen und kultu­rellen Grund­lagen euro­päi­scher anti­qua­ri­scher Tradi­tionen instal­liert. Die Geschichte dieser wissen­schaft­li­chen Praxis ist eng mit der Geschichte der impe­rialen Expan­sion euro­päi­scher Staaten, mit rassis­ti­schen und kolo­nialen Ideo­lo­gien verbunden. Die dazu­ge­hö­rige Syste­matik beinhaltet, dass die Inven­ta­ri­sie­rung und die terri­to­riale Kontrolle von Kultur­erbe unter staat­li­cher Ober­ho­heit statt­finden. So wurde ein dauer­hafter Validierungs- und Refe­renz­rahmen für die staat­liche Produk­tion einer natio­nalen Geschichte geschaffen, der in Netz­werken von wissen­schaft­li­chen und anderen inter­na­tio­nalen Akteuren und Orga­ni­sa­tionen veran­kert war.

Es war ganz im Sinne der Mitwir­kenden an der UNESCO Welt­erbe­kon­ven­tion, die zu großen Teilen im Kontext kolo­nialer Konti­nui­täten agierten, genau diese euro­päi­schen Tradi­tionen der Denk­mal­pflege und des Natur­schutzes als verbind­liche Stan­dards welt­weit zu etablieren, und damit auch den bürokratisch-nationalstaatlichen Rahmen für die Reprä­sen­ta­tion und Verwal­tung von Kultur­erbe. So wurde der Schutz von Kultur­erbe zwar teil­weise unab­hängig von aktu­ellen poli­ti­schen Macht­ver­hält­nissen voran­ge­trieben. Gleich­zeitig aber erwiesen sich die kultur­po­li­ti­schen Instru­mente, die mit Hilfe der UNESCO geschaffen wurden, auch als Poli­ti­sie­rungs­ma­schine für Natio­nal­staaten in der „Dritten Welt“. In vielen Staaten, die sich einer­seits in der neuen inter­na­tio­nalen Ordnung zu Beginn der 1960er Jahre behaupten mussten, ande­rer­seits inner­halb der neu gezo­genen Landes­grenzen viele unter­schied­liche Gruppen zusam­men­fassten, war die Neukon­struk­tion einer Natio­nal­ge­schichte ein wich­tiges Werk­zeug, mit dem die poli­ti­schen Eliten ihre Posi­tion zu sichern suchten. Entspre­chend hoch rangierten geschichts­po­li­ti­sche Maßnahmen und der Aufbau staat­li­cher Insti­tu­tionen auf der Agenda in vielen post­ko­lo­nialen afri­ka­ni­schen Staaten.

Nicht erst seit den aktu­ellen mili­tä­ri­schen Konflikten herrscht in Äthio­pien ein „war of narra­tives“ zwischen verschie­denen ethno-nationalistischen Gruppen. Die aktu­elle Situa­tion ist aber nicht nur das Ergebnis einer Geschichts­po­litik, die lange auf eine von oben herab verord­nete Einheit setzte, sondern auch das Ergebnis einer an vermeint­lich univer­sellen Werten ausge­rich­teten inter­na­tio­nalen Kultur­gü­ter­schutz­po­litik eurozentristisch-westlicher Prägung. Gerade in Entwick­lungs­län­dern entstanden mit den UNESCO-Welterbestätten inter­na­tio­nale Orte, die sich in einem Span­nungs­ver­hältnis zu lokalen Akteuren und Nutzungen konsti­tu­ierten, und es wurden kultur­po­li­ti­sche und ökono­mi­sche Pfad­ab­hän­gig­keiten geschaffen. Die Situa­tion in Äthio­pien gibt Anlass zu reflek­tieren, was es bedeutet, dass inter­na­tio­nale Konven­tionen ihre Wurzeln in impe­rialen, kolo­nialen, euro­päi­schen Denk­tra­di­tionen haben – und welche Rolle scheinbar außen­ste­henden Akteuren in ethni­schen Konflikten zukommt.