"Die ökologische Krise ist sehr dramatisch und umfasst bedeutend mehr als ‚nur‘ den Klimawandel", sagt der Ökologe Christoph Küffer. Doch mit den überkommenen wissenschaftlichen Konzepten werde man der Krise nicht Herr: Die Naturwissenschaften müssten vermehrt mit den Humanwissenschaften zusammenarbeiten.

  • Manuel Kaiser

    Manuel Kaiser ist Doktorand an der Universität Zürich und arbeitet zu Wetter- und Klimawissen im Kalten Krieg.
  • Chris­toph Küffer

    Chris­toph Küffer ist Professor für Sied­lungs­öko­logie am Studi­en­gang Land­schafts­ar­chi­tektur der HSR Rapperswil und Privat­do­zent an der ETH Zürich. Er studierte Umwelt­na­tur­wis­sen­schaften an der ETH Zürich, promo­vierte dort zu einem Thema der Pflan­zen­öko­logie und habi­li­tierte sich mit einer Arbeit über die Ökologie des Globalen Wandels. Chris­toph Küffer ist Co-chair der Envi­ron­mental Huma­nities Switz­er­land. Seine Forschungs­schwer­punkte sind Stadt­öko­logie, Natur­schutz in anthro­po­genen Land­schaften, und die Ökologie des Anthro­po­zäns.

Manuel Kaiser: Herr Küffer, wenn Sie sich zunächst aus der Perspek­tive des Ökologen ganz empha­tisch auf die inter­dis­zi­pli­näre natur­wis­sen­schaft­liche Forschung beziehen und eine Diagnose abgeben müssten: Wie steht es um die Erde?

Chris­toph Küffer: Die ökolo­gi­sche Krise ist sehr drama­tisch und umfasst bedeu­tend mehr als ‚nur‘ den Klima­wandel. Dabei muss man bedenken, dass wir uns im ‚Westen‘ noch in einer komfor­ta­blen Situa­tion befinden. Wenn wir von einem kommenden „globalen Kollaps“ spre­chen, bedeutet dies zunächst, dass wir uns vor Auswir­kungen fürchten, die andern­orts schon länger deut­lich sichtbar sind. Die Liste der Folgen ist lang: Der Klima­wandel und die Über­nut­zung der Böden bedrohen beispiels­weise die Nahrungs­pro­duk­tion. Ein zentrales Problem stellt auch die soge­nannte Biodi­ver­si­täts­krise dar, also ein grosser, zuneh­mender Verlust zahl­rei­cher Tier- und Pflan­zen­arten. Es gibt Prognosen, die das Aussterben von bis zu zwei Drit­teln der Arten in diesem Jahr­hun­dert vorher­sagen. Dieser Verlust der Biodi­ver­sität schwächt alle „Leis­tungen“ der Natur, von denen der Mensch abhängig ist, wie etwa die natür­li­chen Wasser­kreis­läufe, Boden­er­neue­rung oder Bestäu­bung von Pflanzen. Zudem reali­siert man zuneh­mend, dass unsere physi­sche und psychi­sche Gesund­heit von einer arten­rei­chen und grünen Umge­bung abhängig ist. Alle diese ökolo­gi­schen Auswir­kungen können zu kultu­rellen, sozialen, poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Krisen führen.

Wie geht die Ökologie als Wissen­schaft mit dieser Krise um?

Tatsäch­lich sind auch für die Ökologie als Wissen­schaft die Folgen schwierig abzu­schätzen. Die Vorstel­lung von gut orga­ni­sierten – weil über Jahr­mil­lionen entwi­ckelten – Ökosys­temen ist nicht mehr haltbar. Die Frage, die unter dem Begriff „ökolo­gi­sche Neuar­tig­keit“ verhan­delt wird, lautet: Auf welche neuen Ökosys­teme bewegen wir uns zu? Gibt es einfach neue Ökosys­teme oder aber dysfunk­tio­nale Systeme? Oder wird die Ökologie der Zukunft nach ganz neuen Prin­zi­pien funk­tio­nieren? Das für die Ökologie zentrale Konzept der Balance of Nature – die Annahme eines stabilen Gleich­ge­wichts und einer opti­malen Anpas­sung in der Natur – wird in Frage gestellt. Zudem lässt sich die Natur auch natur­wis­sen­schaft­lich nicht mehr ohne den Menschen denken. Das führt zu einer Krise des ökolo­gi­schen Para­digmas im Kuhn­schen Sinne. Insbe­son­dere die aktuell domi­nante Stra­tegie der Wissens­ge­ne­ra­li­sie­rung, die sich an der Physik orien­tiert, wird frag­würdig. Diese basiert auf der Annahme, dass Ökosys­teme überall auf der Welt – ob Tundra oder Regen­wald – nach glei­chen Grund­prin­zi­pien funk­tio­nieren. Wenn nun einer­seits der Mensch als sehr komplexes, sozio­kul­tu­relles Wesen zum entschei­denden Faktor von Ökosys­temen wird und ande­rer­seits die Ökosys­teme nicht mehr einheit­lich struk­tu­riert sind und daher unter­schied­lich reagieren, zerbricht die Vorstel­lung der Ökologie als einer reduk­tio­nis­ti­schen auf das Para­digma der Physik redu­zier­baren Wissenschaft.

Sie arbeiten mit Prognosen. Zukunfts­wissen hat gene­rell einen epis­te­mo­lo­gisch prekären Status. Das wirft die Frage auf, wie Wissen­schaft­le­rinnen und Wissen­schaftler dieses vorläu­fige Wissen kommu­ni­zieren sollen. Denn häufig wird in diesem Zusam­men­hang der Vorwurf des Alar­mismus laut. Das „Wald­sterben“ der 1980er-Jahre wird beispiels­weise gerne herbei­ge­zogen, um auf die Unzu­ver­läs­sig­keit von Prognosen zu verweisen. Und ohne mit einer solchen Kritik einver­standen zu sein, fällt doch eine gewisse Ähnlich­keit mit bibli­schen Narra­tiven auf: Die Mensch­heit büsst für ihre (Umwelt)Sünden…

Film­plakat „The Day After Tomorrow“ (2004); Quelle: impawards.com

Die Umwelt­wis­sen­schaften müssen defi­nitiv lernen, über diese in der Tat schwie­rigen Narra­tive nach­zu­denken. Nur schon über ihre Rolle als Experten, die aus ihrer Forschung auch Hand­lungs­wissen ableiten und norma­tive Setzungen vornehmen, sind sich viele Natur­wis­sen­schaftler nicht im Klaren. Es geht ja nicht nur darum, ob die Fakten stimmen oder zuver­lässig sind. Es ist auch keines­wegs klar, welche Hand­lungs­an­wei­sungen aus bestimmten Daten folgen, wer diese beschliesst und dann umsetzen soll. Seit Jahr­zehnten finden sich die Umwelt­wis­sen­schaften insge­samt in der Rolle der Kassandra. Jähr­lich werden diese Warnungen inten­si­viert und die Folgen noch dras­ti­scher ausge­malt. Das wird absurd. Denn eigent­lich ist alles gesagt. Wenn man das einfach wieder­holt, erreicht man nichts, sondern setzt sich ledig­lich dem Problem aus wider­legt zu werden, was dann der Kritik wiederum Vorschub leistet. Insbe­son­dere die Versuche, die Prognosen immer mehr zu präzi­sieren – bis auf einzelne Jahr­zehnte aufge­löst – haben etwas zum Grad­messer erhoben, das völlig irrele­vant ist. Ein beträcht­li­cher Teil der Klima­wis­sen­schaften arbeitet derzeit weiter an diesen Präzi­sie­rungen. Dabei ist das die falsche Frage. Das hat ledig­lich zur Folge, dass wenn ein einzelnes paper darauf hindeutet, dass man even­tuell zehn Jahre mehr Zeit zur Verfü­gung habe, sofort Rela­ti­vie­rungen einsetzen. Diesen Diskurs haben die Klima­wis­sen­schaftler mitge­staltet und sich dabei ein schwie­riges Spiel­feld zurecht­ge­legt. Die Natur­wis­sen­schaften sollten sich weniger darauf konzen­trieren, „Zukünfte“ vorher­zu­sagen, sondern einen Beitrag leisten, um diese zu gestalten. Dafür ist anderes Wissen notwendig. Wissen, das nicht einfach allge­meine Grund­prin­zi­pien und Trends beschreibt, sondern spezi­fi­scheres Wissen, das immer wieder ange­passt werden muss und einen neuen Umgang mit Unsi­cher­heiten findet.

Wenn wir bei den insbe­son­dere in Publi­kums­me­dien gerne verwen­deten Narra­tiven bleiben. Häufig findet man die Denk­figur vom „Gleich­ge­wicht“. Der promi­nente Klima­wis­sen­schaftler James E. Hansen beispiels­weise betont, die globale Erwär­mung bringe die Ener­gie­bi­lanz „aus dem Gleich­ge­wicht“. Offen bleibt dabei die Frage, welches denn der ‚ideale‘ Gleich­ge­wichts­zu­stand des sich immer wandelnden Klimas sein soll. Führen solche Meta­phern, auch solche, die das Bild einer ‚kranken‘ Erde evozieren, nicht in die Irre?

Es ist sehr wichtig, dass man einen diffe­ren­zierten Umgang mit solchen Meta­phern pflegt. Beide Extrem­an­sätze halte ich für falsch. Sowohl den realis­ti­schen Ansatz, der davon ausgeht, dass unser Denken unab­hängig ist von Sprache und Meta­phern, wie auch den konstruk­ti­vis­ti­schen Ansatz, der – über­spitzt formu­liert – das Spre­chen zum Beispiel vom Gleich­ge­wicht ledig­lich als Meta­pher und damit als ausschliess­lich kultu­rell bedingt versteht und jegliche objek­tive Erkennt­nis­mög­lich­keiten abstreitet. Zwar war gerade in der Ökologie die Meta­pher des „natür­li­chen Gleich­ge­wichts“ äusserst wirk­mächtig und hat die Forschung teil­weise in eine falsche Rich­tung gelenkt. Dennoch ist es offen­sicht­lich, dass wir eine gut funk­tio­nie­rende Ordnung vieler lokaler Ökosys­teme wie auch des globalen Klima­sys­tems in einer Weise stören, dass die Folgen für den Menschen sehr proble­ma­tisch und nicht mehr zu kontrol­lieren sind.

Läuft man mit der Beto­nung der ‚Balance of Nature‘ nicht Gefahr, ein ‚Zurück zur Natur‘ zu propa­gieren und damit die Vergan­gen­heit zu romantisieren?

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Auch hier ist es wichtig, zu diffe­ren­zieren. Natür­lich bedeutet das Spre­chen von einem ‚Zurück zur Natur‘ eine massive Verein­fa­chung – was den Natur­wis­sen­schaften tatsäch­lich oft nicht bewusst ist. Gleich­zeitig muss der gewal­tige Trend zur Degra­die­rung der Natur auch ernst­ge­nommen werden. Wird die Refe­renz auf eine – wie auch immer ausge­stat­tete – frühere Natur als reine Roman­ti­sie­rung vom Tisch gewischt, ist das ebenso verein­fa­chend und gefährlich.

Die Forde­rung ‚Zurück zur Natur‘ scheint in den letzten zehn Jahren Konkur­renz bekommen zu haben. Unter dem Begriff Geo-Engineering wird wieder vermehrt über tech­ni­sche Lösungen für Umwelt­pro­bleme gespro­chen. Wie schätzen sie diese Diskus­sion ein? 

Der Anthropozän-Begriff hat hier ein neues Feld eröffnet. Die zwei alten, konkur­rie­renden Welt­bilder – die Vorstel­lung der Kontrolle der Natur auf der einen Seite und die Idee einer möglichst ‚reinen‘ Natur auf der anderen Seite – zeigen sich noch­mals in aller Deut­lich­keit. Die soge­nannten Ökomo­der­nisten sehen ausge­hend von der Diagnose des Anthro­po­zäns den Menschen in der Verant­wor­tung, die Steue­rung des globalen Umwelt­sys­tems gezielt zu über­nehmen. Die Gegen­po­si­tion betont die Notwen­dig­keit des Rück­zugs ange­sichts der lokal und regional bereits deut­lich erkenn­baren Folgen mensch­li­chen Einflusses. Ich stehe als Feld­öko­loge tech­ni­schen Lösungen eher skep­tisch gegen­über. Oft herrscht die Ansicht vor, dass eine Lösung, die auf dem Papier, in der Compu­ter­si­mu­la­tion oder unter kontrol­lierten Bedin­gungen funk­tio­niert, auch in realen Systemen funk­tio­niert. Die Entwick­lung des proof-of-principle wird als die komplexe wissen­schaft­liche Leis­tung ange­sehen, die Umset­zung dann ledig­lich als fine-tuning. Diese Hoff­nung auf Heureka-Momente und „Magic-Bullet-Lösungen“ der Natur- und Inge­nieur­wis­sen­schaften ist weit verbreitet. Aber eine „wunder­bare“ neue Entde­ckung, zum Beispiele eine neue Ener­gie­quelle, wird unsere Probleme nicht lösen

Wald­brand in Kali­for­nien, 2017: Quelle: latimes.com

Was ist demge­gen­über Ihr Denk- und Forschungsansatz?

Aufgrund meiner eigenen Forschungs­er­fah­rung stellt für mich das Verständnis konkreter, realer, sozi­öko­lo­gi­scher Probleme – und deren Lösung durch konti­nu­ier­li­ches Lernen – die eigent­liche komplexe wissen­schaft­liche Leis­tung dar. Aus meiner Sicht müsste sich das Verhältnis von Grund­la­gen­for­schung und ange­wandter Forschung grund­sätz­lich verän­dern. Trans­dis­zi­pli­näre Grund­la­gen­for­schung zu Praxis­fragen unter Einbezug vieler Diszi­plinen, sozio­kul­tu­rell bedingter Perspek­tiven und Inter­essen müsste die Königs­dis­zi­plin des 21. Jahr­hun­derts darstellen und nicht eine auf die biolo­gi­schen Systeme ange­wandte Physik. Wir werden die Probleme meiner Ansicht nach nur lösen, wenn wir auf unser bestehendes Wissen, auf Insti­tu­tionen und sozialen Prak­tiken aufbauen, diese neu kombi­nieren und weiter­ent­wi­ckeln, ‚verges­senes‘ Wissen ausgraben und neu inter­pre­tieren. Mit ‚verges­senem‘ Wissen ziele ich auf histo­ri­sches Wissen, aber vor allem auch auf die Ausgren­zung von ganzen gesell­schaft­li­chen Schichten und kultu­rellen Gruppen aus unserem Exper­ten­system, die wir nicht länger akzep­tieren dürfen. Ich denke dabei an die sozio­öko­no­misch einsei­tige Zusam­men­set­zung der Univer­si­täten wie auch an die Margi­na­li­sie­rung von indi­genen Wissenssystemen.

Eines der Lieb­lings­ar­gu­mente der selbst­er­nannten Klimawandel-Skeptiker lautet, dass die Klima­for­schung und ihre ange­glie­derten Diszi­plinen eine Art selbst­er­hal­tendes System darstellten und es keine Anreize gäbe, Hinweise gegen das herr­schende Para­digma zu verfolgen. Treffen sie damit nicht einen wunden Punkt? Kann man nicht etwa mit Ludwik Fleck argu­men­tieren, dass es sehr wohl einen Denk­stil und entspre­chende Denk­kol­lek­tive gibt? Oder auch ganz prak­tisch: Werden derzeit nicht gewisse Forschungs­fragen bei der Förde­rung bevorzugt? 

Die Frage nach der Notwen­dig­keit und den Grenzen der Viel­falt von Denk­stilen ist zentral für die gegen­wär­tige Wissen­schaft. Deshalb hat für mich auch Paul Feyer­abend wieder an Aktua­lität gewonnen. Zunächst möchte ich aber betonen, dass die Wissen­schaft grund­sätz­lich bemer­kens­wert gut funk­tio­niert. Die Bereit­schaft etwa zur globalen Koope­ra­tion und Selbst­kritik ist weiterhin sehr gross. Es wird nach bestem Wissen und Gewissen versucht, zuver­läs­siges Wissen zu produ­zieren. Diese Wissen­schaft – auch als eine wunder­bare soziale Utopie – gilt es vor Kürzungen finan­zi­eller Mittel zu vertei­digen, auch vor Eingriffen in die wissen­schaft­liche Frei­heit, vor Diffa­mie­rungen und der Einver­nahme durch poli­ti­sche und privat­wirt­schaft­liche Akteure. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Macht­struk­turen der akade­mi­schen Welt nicht immer wieder kritisch hinter­fragt werden müssen: Es darf beispiels­wiese nicht sein, dass akade­mi­sche Karrieren auch heute noch gröss­ten­teils nur Kindern von Eltern mit höheren Einkommen und besserer Bildung offen­stehen. Genauso skan­dalös ist die Unter­ver­tre­tung von Frauen, wie auch die Domi­nanz der west­li­chen Welt und Denkweisen.

Das gilt wohl auch für die Umweltwissenschaften.

Ja, und hier beob­achte ich zudem eine proble­ma­ti­sche Domi­nanz der Natur­wis­sen­schaften gegen­über der Sozial-, Geistes- und Kultur­wis­sen­schaften. Dieses Problem zeigt sich am deut­lichsten in Feldern, die in die poli­ti­sche Entschei­dungs­fin­dung mitein­be­zogen werden. Beim ‚Klima­pro­blem‘ befinden sich bis heute vor allem Klima­phy­siker in der Exper­ten­rolle. Die komplexen Aushand­lungs­pro­zesse wie beispiels­weise die UN-Klimakonventionen werden noch immer mass­geb­lich von Physi­kern mitge­staltet. Das war in den Anfängen, als es darum ging, das Problem zu iden­ti­fi­zieren, sicher sinn­voll. Nun wäre es wichtig, dass vermehrt andere Diszi­plinen, beispiels­weise die Sozi­al­wis­sen­schaften, einge­bunden würden. Dieser ‚Macht­wechsel‘ findet noch zu wenig statt und das hat sicher auch damit zu tun, dass die Physiker versu­chen, ihr Expertise-Monopol hinsicht­lich des Klima­wan­dels zu behaupten. Der Fokus auf immer präzi­sere Prognosen lässt sich durchaus als Stra­tegie verstehen, weiter unent­behr­lich zu bleiben. Die Domi­nanz der Natur­wis­sen­schaften zeigt sich auch in den Insti­tu­tionen. Sowohl die Forschungs­in­sti­tu­tionen als auch die poli­ti­schen Ämter im Umwelt­be­reich sind bis heute gröss­ten­teils mit Natur­wis­sen­schaft­le­rinnen und Natur­wis­sen­schaft­lern besetzt. Dabei stehen wir in erster Linie vor der Heraus­for­de­rung, kultu­relle, soziale und ökono­mi­sche Lösungen zu entwi­ckeln. Dafür sind Natur­wis­sen­schaftler nicht die primären Experten.

Sie setzen sich für die Etablie­rung der Envi­ron­mental Huma­ni­ties in der Schweiz ein. Sehen Sie in dieser inter­dis­zi­pli­nären Forschungs­un­ter­neh­mung das Poten­tial neue Lösungs­an­sätze zu entwickeln?

In der Tat, die Envi­ron­mental Huma­ni­ties sind eine inspi­rie­rende Bewe­gung. Seit längerem wird dazu beispiels­weise am Rachel Carson Center in München oder dem Envi­ron­mental Huma­ni­ties Lab in Stock­holm gear­beitet. In der Schweiz haben wir vor einigen Jahren das Netz­werk der Envi­ron­mental Huma­ni­ties Switz­er­land gegründet. Die Envi­ron­mental Huma­ni­ties hinter­fragen die ange­spro­chene Hier­ar­chie zwischen Sozial- und Geis­tes­wis­sen­schaften und den Natur­wis­sen­schaften. Gerade im Moment entstehen zahl­reiche neue inter­dis­zi­pli­näre Part­ner­schaften zwischen Sozial-, Geistes-, Natur- und Inge­nieur­wis­sen­schaften und insbe­son­dere auch der Kunst und zivil­ge­sell­schaft­li­chem Enga­ge­ment. Diese viel­fäl­tigen Projekte befassen sich mit der Rolle von Kultur, sozialer Plura­lität, Krea­ti­vität, Viel­falt des Denkens und poli­ti­scher Trans­for­ma­tion. Auf diese Weise sollen alter­na­tiver Frage­stel­lungen und aber auch Lösungen entwi­ckelt werden. Für mich sind die Envi­ron­mental Huma­ni­ties im Moment eines der span­nendsten akade­mi­schen Laboratorien.