Mit Trumpismus und ‚Querdenken‘ ist Misstrauen in aller Munde. Doch welches Misstrauen wird auf dem Feld des Wissens und des Politischen ins Spiel gebracht? Überraschenderweise gewinnen diese Bewegungen diskursive Schlagkraft, indem sie lang kultivierte, angesehene Misstrauensprozeduren unverfroren für sich reklamieren.

  • Jeannie Moser

    Jeannie Moser hat eine LSD-Biographie unter dem Titel "Psychotropen" publiziert. Sie forschte und lehrte an der Universität Wien und der TU Berlin. Aktuell arbeitet sie als wissenschaftliche Angestellte der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur an einer Literatur- und Wissensgeschichte des Misstrauens.
Geschichte der Gegenwart
Geschichte der Gegenwart 
Das geka­perte Miss­trauen. Zu Trum­pismus und ‚QUERDENKEN‘
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2020 und 2021 aktua­li­siert sich das Miss­trauen auf drama­ti­sche Weise. Anlass geben insbe­son­dere zwei Ereig­nisse: Selbst­er­nannte ‚Querdenker*innen‘ bringen sich im pande­mi­schen Ausnah­me­zu­stand in Stel­lung und stoßen in Berlin protes­tie­rend bis auf die Stufen des Reichs­tags vor; eine Trump-Anhängerschaft wiederum stürmt, nachdem der abge­wählte Präsi­dent osten­tativ von gestoh­lener Wahl gespro­chen hat, das Kapitol in Washington. Im gewalt­samen Angriff auf diese glei­cher­maßen symbo­li­schen wie prak­ti­schen Orte der Demo­kratie findet das Miss­trauen in ‚die’ tradi­tio­nelle Politik und in das von ihr favo­ri­sierte Wissen seine eska­la­tive Insze­nie­rung und zwei seiner diskur­siven Höhepunkte.

Die Reak­tionen fallen bisweilen düster aus: Ein immenser Vertrau­ens­ver­lust sei zu beklagen, die Demo­kratie, die auf Vertrauen und Trans­pa­renz ange­wiesen sei, in großer Gefahr. Das Miss­trauen ist spätes­tens ab jetzt basso continuo: Es wachse ein Klima des Miss­trauens, der Angst und Aggres­sion,  das Poli­ti­sche und Soziale orga­ni­siere sich neu im Zeichen des Miss­trauens, im Zeichen des Miss­trauens erodiere eine geteilte Wirk­lich­keit.  

Die Miss­traui­schen

Das Miss­trauen des Trum­pismus’ und ‚Quer­den­kens‘ ist gewendet gegen Konsens und Konven­tion, einen angeb­li­chen Main­stream, gegen klas­si­sche Medien und kriti­sche Fakul­täten und sämt­liche Insti­tu­tionen, die Wissen kura­tieren. Ebenso gegen Vertreter*innen der reprä­sen­ta­tiven Demo­kratie und deren Ratgeber*innen, die auf der Hinter­bühne vermutet und als poli­ti­sches Estab­lish­ment begriffen werden. Im Grunde taucht alles auf, was Luc Boltanski schon 2012 in seinem Buch Rätsel und Komplotte als stan­dar­di­siertes verschwö­rungs­theo­re­ti­sches Tableau bezeichnet hat: „Miss­trauen gegen­über Eliten und Medien, Glaube an Mani­pu­la­tionen, Ableh­nung von offi­zi­ellen Infor­ma­tionen zugunsten von Geschwätz aus dem Internet usw.“ Das Miss­trauen richtet sich an einer Macht aus, die angeb­lich klan­destin eigene Inter­essen verfolgt: Neben der tech­no­kra­ti­schen Elite können das in einer zumeist verkürzten, ressen­ti­ment­ge­la­denen Kapi­ta­lis­mus­kritik finanz­starke Konzerne und Personen sein, die das poli­ti­sche Geschehen unbe­merkt von einer schla­fenden Öffent­lich­keit orches­trieren. Weil sie etwa von einem Ausnah­me­zu­stand wie der Corona-Pandemie profi­tiert, so legt die Logik der konspi­ra­tio­nis­ti­schen Erzäh­lung nahe, muss diese Macht sie auch herbei­ge­führt haben.

Gegen solch dunkle Macht posi­tio­nieren sich die Miss­traui­schen laut­stark mit einer beson­deren Form von Wissen: mit ‚alter­na­tiven Fakten‘, mit ihrer ganz ‚eigenen Meinung‘, mit ihrer ‚eigenen Wahr­heit‘ – und fordern liberal-demokratische Ordnungen aufs Äußerste heraus. Worin der Affront besteht, zeigt sich im Blick auf das Miss­trauen, darauf, welches Miss­trauen auf dem Feld des Wissens und des Poli­ti­schen ins Spiel gebracht wird – und auf dem Spiel steht. Der Diskurs des Trum­pismus’ und des selbst­er­nannten ‚Quer­den­kens‘ ist nämlich deshalb so schla­gend, weil er bestimmte, kultu­rell ange­se­hene Miss­trau­ens­pro­ze­duren kapert. 

Skepsis vs. Gegenwissen

Zum einen rekla­miert er epis­te­mo­lo­gi­sche Miss­trau­ens­pro­ze­duren für sich, die eine lange und ehrwür­dige Tradi­tion haben. Über den Begriff der Impf­skepsis wird beispiels­weise die Skepsis adres­siert, die sich aus dem Altgrie­chi­schen als Betrach­tung, Unter­su­chung und Prüfung über­setzen lässt und in der Antike als Skep­ti­zismus ein plan­volles Hinter­fragen beschreibt. Ab dem 16. Jahr­hun­dert verschafft sie sich erneut Geltung und lässt sich mit illus­tren Namen verbinden: Montaigne erin­nert sich an die Haltung, die alles frag­würdig macht, Descartes’ formu­liert den metho­di­schen Zweifel als Vorgang der Wissens­pro­duk­tion, Voltaire macht den Zweifel zur Maxime, Hume syste­ma­ti­siert die Skepsis erneut. Mithin wird als Skepsis orga­ni­siertes Miss­trauen zur wissen­schaft­li­chen Tugend: Es wird Hand­lungs­motiv moderner Wissen­schaft, die seit der Aufklä­rung nichts mehr beden­kenlos glauben darf, für die das, was gegolten hat, nicht unum­stöß­lich ist – weil nun alles Wissen relativ und vergäng­lich ist. Die Wissens­pro­ze­duren sind von Wissens­hunger und imagi­na­tiver Rast­lo­sig­keit getrieben, sie gehören ganz elementar zur Forschung. Entspre­chend hat Luhmann schon 1968 – zu einer Zeit, als die Vertrau­ens­for­schung noch nicht explo­diert, schon gar nicht aber das Miss­trauen der Rede wert war – in seiner einschlä­gigen Studie zum Vertrauen neben den Richter*innen nur den Forscher*innen als Haltung das Miss­trauen verordnet. 

Deswegen bringt das Wissen des Trum­pismus’ und insbe­son­dere des selbst­er­nannten ‚Quer­den­kens‘ große Anstren­gungen auf, um sich den Anschein der Wissen­schaft­lich­keit zu geben. Es führt Fußnoten an, nennt akade­mi­sche Titel und renom­mierte Insti­tu­tionen. Dass es sich dann aber den Regeln der wissen­schaft­li­chen Legi­ti­mie­rung und Debatte entzieht, ist eine der Beson­der­heiten eines Wissens, das von einer Forschungs­gruppe zur Miss­trau­ens­ge­mein­schaft der ‚Quer­denker‘ um Sven Reichardt als Gegen­wissen oder von Eva Horn als Besser­wissen beschrieben wird. Solches Wissen verdankt sich der eigenen Produk­tion und Distri­bu­tion. Es kann die Form eines Gefühls­wis­sens annehmen, erscheint als Intui­tion oder ‚Haus­ver­stand‘. Es gibt sich mal akade­misch, mal als vermeint­lich authen­ti­sches und ideo­lo­gisch nicht zuge­rich­tetes Wissen – um sich in hoch­spe­zia­li­sierte Forschungs­dis­kurse einzu­mi­schen und Zweifel in wissen­schaft­liche Exper­tise einzu­streuen. Dabei bleibt es selbst meist vage, hantiert mit Halb­wahr­heiten und brüchigen Wahr­heiten, welche die gesamte Fakten­struktur irri­tieren, indem sie die Unter­schei­dungs­linie zwischen wahr und falsch, Wissen und Glauben, Tatsa­chen  und Meinungen suspen­dieren. Ebenso verwischt der Unter­schied zwischen Laien und Spezialist*innen. Der Diskurs sugge­riert, jede*r könne Expert*in werden. Mit der Pointe, dass das Gegen­wissen souve­rä­ni­siert: Es gene­riert ein außer­ge­wöhn­li­ches, waches Selbst, das Initia­tive, Mut und Avant­gar­de­be­wusst­sein für sich in Anspruch nimmt – und sich den Anschein eines parr­he­si­schen, eines rück­haltlos wahr­spre­chenden Subjekts gibt.

Gegen­macht vs. Antipolitik

Zum anderen bean­sprucht der Diskurs des Trum­pismus’ und des selbst­er­nannten ‚Quer­den­kens‘ poli­ti­sche Miss­trau­ens­pro­ze­duren für sich. Sie sind erst neuer­dings als Form einer produk­tiven Gegen­macht von Pierre Rosan­vallon reha­bi­li­tiert, für die Forschung entdeckt, theo­re­ti­siert und histo­ri­siert worden. In Die Gegen-Demokratie. Politik im Zeit­alter des Miss­trauens ist beschrieben, wie sich diese Gegen­macht seit 1800 parallel zu liberal-demokratischen Ordnungen entwi­ckelt hat. Ihr Initial ist das Paradox der Demo­kratie, deren Geschichte eine der verhin­derten Erfah­rung und verra­tenen Utopie ist: Von Anfang an war mit ihr das Verspre­chen verbunden, ein egali­täres, parlamentarisch-repräsentatives System einzu­richten, das aber nie reali­siert werden konnte. Dadurch ist das Poli­ti­sche in einem durch interne Span­nungen charak­te­ri­sierten Feld begründet. Demo­kra­ti­sche Systeme produ­zieren also immer Wider­stände: Miss­trauen, das Druck auf die Macht­ha­benden ausübt und die Form von Über­wa­chung, Verhin­de­rung und Urteils­prü­fung annimmt – letz­tere ist mit dem Gedanken verbunden, dass die Regierten das Recht haben, über die Regie­renden zu richten. Die miss­traui­schen Proze­duren erzeugen indi­rekte Kräfte, die sich auf die Gesell­schaft verteilen und den Einfluss der Regierten auf andere Weise wirksam werden lassen als durch Wahlen. Die Gegen­macht schwächt dabei die Demo­kratie nicht, sondern stärkt sie. Sie will infrage stellen, unter­su­chen, kriti­sieren und korri­gieren, nicht aber – und das ist wichtig – die Macht übernehmen.

Mit Trum­pismus und ‚Quer­denken“ verschafft sich indes eher ein Poli­tik­stil Geltung, den Jacques de Saint Victor 2015 in einem viel rezi­pierten Essay eben­falls mit Miss­trauen in Verbin­dung gebracht, aber als Anti­po­litik beschrieben hat: als Form des pauschalen Einspruchs, der sich nicht an die demo­kra­ti­schen Stan­dards und Regeln halte, als Form der Oppo­si­tion um der Oppo­si­tion willen, die vor allem eines sei: dagegen. Anti­po­litik äußert sich als Poli­tik­ver­dros­sen­heit und Miss­trauen gegen­über den Regie­renden, den tradi­tio­nellen Eliten und Insti­tu­tionen. Ist sie netz­affin, sollen diese durch eine digi­tale Polis oder direkte „Klick-Demokratie“ ersetzt werden, von der man sich einen unmit­tel­baren Ausdruck des Volks­wil­lens verspricht, der sich wiederum der souve­ränen Exper­tise im digi­talen Raum verdankt. Teil­habe am poli­ti­schen Geschehen jeden­falls steht aktuell unter feind­li­chen Vorzei­chen. Die Miss­traui­schen verstehen sich nicht als Mitpro­du­zenten einer gemein­samen Welt. 

Die Rede von zwei Formen des Miss­trauens – einem mit Gegen­macht verbun­denen produk­tiven Miss­trauen und von seinem Gegen­spieler, dem mit Anti­po­litik verbun­denen destruk­tiven Miss­trauen – kommt leicht­füßig daher. Sie mischt sich in eine gängige Rede ein, die das Miss­trauen über eine Dicho­tomie konstru­iert. Die Auftei­lung in ein legi­times gesundes und funk­tio­nales auf der einen Seite und ein patho­lo­gisch perver­tiertes und dysfunk­tio­nales Miss­trauen auf der anderen Seite setzt so gut wie immer Vorstel­lungen seiner rich­tigen Dosie­rung voraus. Oder sie korre­spon­diert mit der Auftei­lung in ein Miss­trauen, das sich als gemä­ßigtes an den Verstand, und eines, das sich als exal­tiertes an die Affekte wendet. Letzt­lich aber bleibt die Frage, wo genau das eine in das andere umschlägt, wann die kriti­sche Loya­lität der miss­traui­schen Gegen­macht in miss­traui­sche Anti­po­litik umschlägt, neur­al­gi­scher Punkt.

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Fron­tal­stel­lung

Selten hat die Frage soziale Gefüge so erodieren lassen wie zu Zeiten von Trum­pismus und pande­mi­schem Ausnah­me­zu­stand. Letzt­lich zielt sie aber nur auf einen Teil des Problems. Das Beson­dere am Trum­pismus und selbst­er­nannten ‚Quer­denken‘ ist, dass sie beide auf stra­te­gisch uner­hört kluge Weise die als kulti­viert geltenden Miss­trau­ens­pro­ze­duren für sich rekla­mieren. Derge­stalt machen sie sich die Unbe­ant­wort­bar­keit der Frage zunutze.

Es ist hier nicht uner­heb­lich, wie sehr sich das Gegen­wissen durch seine Lage auszeichnet: Es geht in Fron­tal­stel­lung und will pola­ri­sieren. Gerade im Hinblick auf die Pandemie ist es beson­ders klar zu unter­scheiden von einem Miss­trauen, das sich mit Verun­si­che­rung paart. Auch ist das Gegen­wissen der Querdenker*innen kein Unter­su­chungs­wissen über in der Tat neue Formen der staat­li­chen Steue­rung von Denk- und Verhal­tens­weisen. Und schon gar nichts hat es zu tun mit dem, was es sich mit der Selbst­be­zeich­nung kurzer­hand aus dem Coaching-Bereich begriff­lich ange­eignet hat: das Quer­denken im Sinne eines spie­le­ri­schen, unor­tho­doxen und krea­tiven Denkens. Wirkung zeigt sein bisweilen groß­spurig kriti­scher Auftritt und die noto­ri­sche Ausrich­tung in Oppo­si­tion zu domi­nanten Einschät­zungen und offi­zi­ellen Erklä­rungen. Gerade seine Insze­nie­rung als Hete­ro­doxie gibt den Ausschlag. Sie macht das gehalt­lose Gegen­wissen zum poli­ti­sierten Akti­ons­wissen. Der Stil ist – zumin­dest, solange die Macht erobert werden soll – mehr von Belang als Inhalte und Argumente.

In Frage steht ange­sichts dessen, wie sehr im anti­po­li­ti­schen Diskurs Miss­trauen über­haupt eine Rolle spielt – jenseits von einem, das man verkürztes Miss­trauen nennen könnte: im Sinne eines Nicht­ver­trauens, das keine epis­te­mi­schen Anstren­gungen unter­nimmt und in dem sich vor allem anderen Ableh­nung stark macht. In Frage steht sogar, ob es über­haupt eine Rolle spielt – jenseits dessen, ob man es für wachsam oder blind hält. Dahin­ge­hend bräuchte es mögli­cher­weise auch gar nicht den Diagnosen vom wach­senden Miss­trauen zuzu­stimmen oder zu widersprechen.

Frage­zei­chen!

Unver­kennbar aber will der Diskurs von Trum­pismus und selbst­er­nanntem ‚Quer­denken‘ Wissen und Macht desta­bi­li­sieren. Offen­sicht­lich ist, dass er dafür Miss­trauen sät – also eine uralte Macht­technik ins Spiel bringt. Vor allem entschei­dend ist jedoch die rigo­rose Inan­spruch­nahme des Miss­trauens von anti­po­li­ti­scher Seite her. Aktu­eller Trum­pismus und selbst­er­nanntes ‚Quer­denken‘ kapern das Miss­trauen, um Schlag­kraft für ihre poli­ti­sche Agenda zu gewinnen, setzen es rheto­risch und narrativ in Szene, machen es zum Instru­ment. Etwa, wenn sie vorgeben, ihr unge­zü­geltes Miss­trauen gegen­über Tatsa­chen führe dazu, wie Bruno Latour und Steven Woolgar Ende der 1970er Jahre sozi­al­kon­struk­ti­vis­ti­sche Kritik zu üben und als Fakten verklei­dete ideo­lo­gi­sche Argu­mente aufzu­de­cken. Oder etwa, wenn sie so tun, als wären sie wirk­lich verwun­dert, als ginge es ihnen um das Stellen von Fragen, als würden sie nicht wissen und mehr wissen wollen – und doch alles längst besser wissen. Das Frage­zei­chen als Inter­punk­ti­ons­zei­chen des Miss­trauens wandelt sich schnell in ein Ausru­fe­zei­chen. So arti­ku­lieren sie eher Geltungs­an­sprüche, weil solche nichts mit imagi­na­tiver Energie, weil solche nichts mit der Ausdeh­nung von Möglich­keits­räumen zu tun haben, weil solche mit der Offen­heit und Unge­wiss­heit, worauf eine Unter­su­chung hinaus­läuft, unver­einbar sind.

Sie kapern das Miss­trauen, wenn sie die Kultur einer leben­digen poli­ti­schen Debatte schlicht und ergrei­fend abstreiten, wenn sie behaupten, es gäbe keinen viel­stim­migen wissen­schaft­li­chen Diskurs. Oder wenn sie den durch Wahlen legi­ti­mierten Kontroll­in­stanzen wie der parla­men­ta­ri­schen Oppo­si­tion ihre Funk­ti­ons­tüch­tig­keit glattweg abspre­chen, wie es gegen die Corona-Maßnahmen Protes­tie­rende oftmals tun. Sie kapern das Miss­trauen, wenn sie in höchste Erre­gung versetzt an die Gegen­macht appel­lieren und sich an ihren Ort imagi­nieren. Wenn sie den Anschein erwe­cken wollen, die poli­ti­sche Kraft der miss­traui­schen Proze­duren zu reani­mieren, dann aber deren Regeln und Stan­dards torpedieren.

Diese Instru­men­ta­li­sie­rung des Miss­trauens ist die bigotte Wendung, mit der sich Trum­pismus und selbst­er­nanntes ‚Quer­denken‘ so schwer anfechtbar machen. Die Inan­spruch­nahme des Miss­trauens immu­ni­siert sie, macht sie resis­tent gegen Einwände. Ihr Diskurs bezieht Energie aus dem liberal-demokratischen System, das er mit einer wider­stands­kämp­fe­ri­schen Geste abstreitet, para­sitär erhält er sich bei Kräften. Er nährt sich auf Kosten dieses Systems mit seinen inter­ven­tio­nis­ti­schen Spiel­räumen, die er negiert und unter­höhlt, indem er von Tyrannei oder Diktatur spricht. Und er bedient sich am Miss­trauen, entwendet ihm die Frage und macht sie zu einer sugges­tiven, rein rheto­ri­schen: ob unter der Ober­fläche nicht eine ganz andere Wirk­lich­keit versteckt ist, ob die Dinge nicht doch ganz anders sind, als sie scheinen…