Die Empörung war zurecht groß, als das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) in Sichtweite des Bundestages eine schwarze Stele enthüllte, die Asche von Holocaust-Opfern enthielt. Eine respektlose Störung der Totenruhe, selbstgerechte Vereinnahmung der Opfer und das bei fehlender Kommunikation mit deren Angehörigen oder jüdischen Verbänden – die Kritik an der Aktion war scharf. Ihre wichtigsten Punkte haben Max Czollek und Stella Hindemith vor ein paar Tagen der FAZ in sieben „Regeln für eine Kunstaktion im deutschen Gedächtnistheater“ zusammengefasst. Was an ihnen auffällt: Sie betreffen allein die ethischen und ästhetischen Probleme der Aktion. Erstaunlich wenig Aufmerksamkeit findet hingegen – wie in den öffentlichen Reaktionen insgesamt – die erinnerungspolitische Dimension. Dabei bietet die Aschen-Stele, in diesem Kontext betrachtet, nicht nur Anlass zu deutlicher Kritik. Fragt man danach, wie sich die „missglückte Aktion“ des ZPS in die inzwischen lange Tradition der kritischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus einfügt, lassen sich an ihr auch grundsätzliche Einsichten in den aktuellen Stand der öffentlichen Debatte um den Nationalsozialismus und zu den Herausforderungen gewinnen, mit denen sie konfrontiert ist.
Kritik an der „kritischen Erinnerungskultur“
Zunächst ist es nötig, den Blick nicht allein auf den entwürdigenden Umgang mit der menschlichen Asche zu konzentrieren. Betrachtet man die ganze Kunstaktion in ihrem größeren erinnerungspolitischen Kontext, erscheint sie zunächst einmal weitaus weniger radikal, als ihr provozierender Gestus vermuten lässt. In ihrer Kritik am Zustand der Erinnerungskultur fügt sie sich ein in Klagen, die seit mindestens zwei Jahrzehnten erhoben worden sind und die vor allem zwei Dinge betreffen: Trotz der zahlreichen Gedenkstätten und Erinnerungstage, so der erste Vorwurf, bestehe inzwischen kein wirkliches Interesse mehr an einer Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus. Die Erinnerung sei vielmehr zur Routine verkommen und in der Form erstarrt, wie sie sich etwa in den hohlen Betroffenheitsritualen der Gedenktage zeige: traurige Klezmer-Musik, das Verlesen von Opfernamen und Politiker-Reden über die „Unvorstellbarkeit des Grauens“, die den Versuch des Vorstellens schon gar nicht mehr unternehmen. Demgegenüber gelte es, das Grauen der Verbrechen wieder an sich heran zu lassen. „Gedenken ist nicht abstrakt. […] Gedenken heißt Aufrütteln“, hat das ZPS seine Aktion verteidigt. „Wem das Mahnmal zu konkret ist, für den wurde es geschaffen.“
Damit zusammenhängend wird zweitens die Entpolitisierung des NS-Gedenkens beklagt. Anders als in den 1980er und 1990er Jahren, so die Beobachtung, werde heute über die nationalsozialistische Vergangenheit und deren bleibende Bedeutung nicht mehr gestritten. Man gefalle sich in staatstragender und pflichtschuldiger Betroffenheit, verpasse aber den politischen Auftrag, der sich aus den Verbrechen des Nationalsozialismus ergebe und der angesichts des Aufstieges von Pegida und AfD heute umso wichtiger sei. „Gedenken heißt Kämpfen“, hatte das ZPS über seine Asche-Stele geschrieben und mit ihr das Ziel verbunden, die Unionsparteien zur Ablehnung jeglicher „Zusammenarbeit mit Parteien, die von Rechtsextremisten unterwandert sind“, konkret: der AfD, zu drängen: Die errichtete „Gedenkstätte gegen den Verrat an der Demokratie“ sollte deshalb zur „Schwurstätte“ werden, an der die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion die „historische Schuld“, die der „Deutsche Konservatismus […] 1933 auf sich geladen hat, nicht nur anzuerkennen, sondern daraus auch die notwendigen Konsequenzen“ zu ziehen hätten. Dabei bezieht sich das ZPS auf die Zustimmung der konservativen und bürgerlichen Parteien zum sogenannten „Ermächtigungsgesetz“, die im März 1933 an jener Stelle stattfand, an der das Zentrum die Stele errichtet hat, und dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler die vollständige Regierungsgewalt übertrug.
Was diese Kritik an der Erinnerungskultur auszeichnet, ist ihr nostalgischer Kern: Sie blickt zurück auf die Anfänge der erinnerungspolitischen Konflikte in Westdeutschland, beklagt deren Verlust und fordert dazu auf, deren ursprüngliche Anliegen zu bewahren – auch, um die kritische Erinnerungskultur gegen die Angriffe von rechts zu verteidigen, die sich die „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ wünschen. Dies ist ein wichtiges und richtiges Anliegen. Aber es erfordert einen genaueren Blick auf die Entwicklung der kritischen Erinnerungskultur, als sie die nostalgische Idealisierung zu leisten vermag, und ein Bewusstsein für die geänderte Lage, in der wir uns heute befinden.
1979 – 1999: 20 Jahre „kritische“ Erinnerungsarbeit in der Bundesrepublik, Teil 1
Die Gelegenheit dazu ist günstig, denn die kritische Erinnerungskultur hat dieses Jahr – weitgehend unbemerkt – ihr 40. Jubiläum gefeiert: Als ihr Beginn gilt die Ausstrahlung der Fernsehserie Holocaust im Frühjahr 1979, die die Aufmerksamkeit der westdeutschen Gesellschaft auf die Verbrechen des Nationalsozialismus lenkte und einen wichtigen Anstoß zur genaueren Beschäftigung mit diesen gab. In zahllosen größeren und kleineren Städten machten sich zu Beginn der 1980er Jahre Geschichtsinitiativen, Gewerkschaftsgruppen, Opferverbände und andere Gruppen aus dem linken und alternativen Milieu daran, die NS-Vergangenheit ihrer Stadt, örtlicher Unternehmen oder anderer Institutionen zu dokumentieren und öffentlich zu machen. Gleiches vollzog sich in der Geschichtswissenschaft, in der sich eine junge Generation von Historikerinnen und Historikern dem Nationalsozialismus zuwandte.

Gedenkmarsch zur Errichtung der Gedenkstätte Sandbostel, 1980; Quelle: stiftung-lager-sandbostel.de
Man versteht den Aufbruch am Beginn der 1980er Jahre falsch, wenn man glaubt, mit ihm sei nach Jahrzehnten des Schweigens endlich über die NS-Vergangenheit gesprochen worden. Im politischen Diskurs war die NS-Geschichte als Argument am Ende der 1970er Jahre bereits lange fest etabliert. Neu war, dass die Geschichtsaktivisten die NS-Geschichte nicht mehr alleine als politische Ressource gebrauchen, sondern es mit der nationalsozialistischen Vergangenheit genau nehmen wollten: Sie stiegen in die Archive, sprachen mit „Zeitzeugen“, machten dabei noch lebende Opfer der NS-Gewalt ausfindig und entdeckten so ganze Gruppen an Menschen, deren Verfolgung durch das NS-Regime bislang keine Beachtung gefunden hatte; der Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus, an dem es der ZPS-Aktion so auffällig mangelte, rückte ins Zentrum der kritischen Erinnerungsarbeit. Und er stand auch hinter dem Bemühen, Folterstätten, Zwangsarbeiter- und Konzentrationslager aufzuspüren, ihre noch sichtbaren Spuren zu dokumentieren und Gedenkstätten und Dokumentationszentren zu schaffen.
Gräber und Asche: Historisches Wissen und öffentliche Kenntnis
Diese Anstrengungen waren ausgesprochen produktiv. Innerhalb weniger Jahre entstand ein enormes Wissen zum Nationalsozialismus und es wurden mit den Gedenkstätten Einrichtungen gegründet, die sich dessen Vermittlung annahmen. Dabei widmete man sich auch den sterblichen Überresten der NS-Opfer, mit deren bisheriger Missachtung das ZPS seine Aktion rechtfertigte. Doch dies ist schlicht falsch. Das Säubern, Wiederherrichten und Markieren jüdischer Friedhöfe, von Gräberfeldern sowjetischer Kriegsgefangener oder Aschegräbern der Holocaust- und Euthanasieopfern war von Beginn an zentraler Bestandteil der kritischen Geschichtsarbeit. Die Gedenkstätten machten die Identifizierung und würdige Gestaltung der Grabstätten zu einer ihrer Kernaufgaben, der sie bis heute nachkommen. Historische Studien rekonstruierten detailliert die Mordtechnik und auch die Beseitigung der Leichen.
Dass sich noch immer hunderte, wenn nicht tausende Grabstätten mit der Asche von Holocaust-Opfern finden lassen (nicht „überall“, sondern vor allem in bestimmten Regionen Osteuropas), ist zweifellos richtig. Aber dies verweist auf die unfassbaren Dimensionen des Verbrechens, nicht darauf, dass es „niemanden interessiert“ hat. Heute suchen vielmehr Organisationen nach diesen Orten, um sie zu dokumentieren und um bislang unbekannte Grabstellen zu markieren. Und auch wer sich über die Geschichte der Asche des Holocaust informieren möchte, ist nicht auf die Recherche angewiesen, die das ZPS glaubt als erstes zu diesem Thema erstellt zu haben. Er kann zum Beispiel auf die Studie von Andrej Angrick zur „Aktion 1005“ zurückgreifen, die sich auf über 1.200 Seiten der Frage widmet, „was es mit der Asche [der Holocaust-Opfer] auf sich“ hat.
An dem voluminösen Buch zeigt sich das gegenwärtige Problem der kritischen Erinnerungskultur eindrücklich: Was heute herausfordert, ist weniger mangelndes Interesse, sondern die Frage, wie sich die enorme Fülle an Wissen um den Nationalsozialismus und seine Verbrechen einer grundsätzlich interessierten Öffentlichkeit angemessen vermitteln lässt. Der Aktion des ZPS gelang dies kaum. Jedenfalls kam in ihrem Rahmen nicht zur Sprache, dass die Asche der meisten Holocaust-Opfer nicht durch die ineinandergreifende Tötungsmaschinerie von Gaskammern und Krematorien entstand, die zum Symbol des Holocaust geworden ist, sondern dadurch, dass das NS-Regime seit 1942 in besagter „Aktion 1005“ die bis dahin angelegten Massengräber in Osteuropa öffnen und hunderttausende Leichen verbrennen ließ, um die Spuren seines Mordprogramms zu verwischen. Journalisten wiederholen hingegen die falsche Behauptung vom bisherigen Desinteresse an der Asche, die „überall“ zu finden sei, und machten sich Gedanken darüber, wie sie damit umgehen sollten, dass sich die Asche dort befände, wo „wir spazieren gehen und im Sommer vielleicht auf Wiesen liegen“. Statt Wissen zu verbreiten, hat die Aktion das gesellschaftliche Bild vom Holocaust eher verunklart.
Täter und Schuld: Politischer Streit und historische Aufklärung
Dabei war historische Aufklärung ein Kern der kritischen Erinnerungsarbeit in den 1980er und 1990er Jahren gewesen, die eng mit dem politischen Streit um sie zusammenhing. Der akribische, dokumentarische Blick in die Vergangenheit brachte ein neues Wissen über Täter und Verantwortliche hervor, das sich im politischen Streit nutzen ließ: Wer Schuld auf sich geladen hatte, so die Forderung, sollte – wenn diese nicht (mehr) juristisch zu ahnden war – sie zumindest anerkennen und historische Verantwortung für sie übernehmen. Hierzu waren die meisten der nun mit ihrer NS-Vergangenheit konfrontierten Städte, Behörden und Unternehmen aber nicht bereit, was die scharfen politischen Auseinandersetzungen begründete, die die „Aufarbeitung“ der NS-Vergangenheit in den 1980er und 1990er Jahren im lokalen wie im nationalen Rahmen provozierte. Ob es dabei um die eigene Stadtgeschichte ging oder um das in Historikerstreit oder Wehrmachtsausstellung verhandelte Geschichtsbild der gesamten Republik: Indem der politische Streit mit historischen Fakten geführt wurde, gewannen die großen und kleinen Debatten ihre aufklärerische Qualität, weil sie Wissen über die Verbrechen des Nationalsozialismus in der deutschen Gesellschaft verbreiteten – so unvollständig und unzureichend dieses im Detail auch blieb.
1999 – 2019: 20 Jahre „kritische“ Erinnerungsarbeit in der Bundesrepublik, Teil 2

Bundespräsident Johannes Rau verkündet die Einigung zur Zwangsarbeiterentschädigung, 1999; Quelle: twitter.com
Doch die großen und kleinen Kontroversen um die nationalsozialistische Vergangenheit kamen an der Jahrtausendwende an ein Ende. Die Veränderung manifestierte sich in der Einigung zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeit im Dezember 1999, die sich diese Woche zum 20. Mal jährt. In ihr erkannten deutsche Wirtschaft und Bundesregierung das Verbrechen des NS-Zwangsarbeitereinsatzes offiziell an und richteten einen Entschädigungsfond ein, aus dem die noch lebenden NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter einen Geldbetrag als „symbolische Geste“ zur Anerkennung des erlittenen Unrechts erhielten. Die Entschädigungen waren nur durch langanhaltende politische Auseinandersetzungen möglich geworden, die bis in die 1980er Jahre zurückreichten. Der Erfolg dieser Kämpfe veränderte die Lage aber grundlegend: Wenn Unternehmen und Bundesregierung sich nicht mehr ihrer historischen Schuld verweigerten, konnte man diesen ihre Geschichte auch nicht mehr vorhalten. Es dauerte, bis sich diese Haltung weitgehend durchsetzte. Aber insgesamt veränderte die offizielle Anerkennung der NS-Verbrechen die erinnerungspolitische Konstellation grundlegend, indem sie die Anerkennung historischer Schuld und eine daraus abgeleitete Verantwortung zur Erinnerung in den Mittelpunkt des kollektiven Selbstverständnisses der Bundesrepublik stellte.
Das Projekt der kritischen Erinnerungskultur war damit auf der einen Seite in einer Weise erfolgreich, wie man es in den 1980er Jahre kaum hatte erwarten können. Doch zugleich veränderte dies die dabei etablierte Erinnerungsarbeit nachhaltig: Kritische Aufarbeitung der Vergangenheit verwandelte sich zu einer Geste, mit der man seine Zugehörigkeit zum (geschichts-)politischen Grundkonsens der Bundesrepublik zeigt. Dies haben inzwischen auch jene Institutionen realisiert, die im Fokus der kritischen Geschichtsaktivisten gestanden hatten: Heute sind es Unternehmen und Behörden selbst, die Historikerinnen und Historiker mit der Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit beauftragen, um öffentlich ein kritisches Geschichtsbewusstsein zu dokumentieren.
Politische Instrumentalisierung und Apologie
Die Transformation der kritischen Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte vom konkreten politischen Argument zur Erinnerungs-Geste war zugleich nicht allein Ergebnis ihrer Durchsetzung. Sie war bereits im Grundimpuls der kritischen Erinnerungskultur angelegt. Der Anspruch, es mit der Geschichte des Nationalsozialismus genau zu nehmen, richtete sich von Beginn an auch gegen falsche Geschichtsbilder und die kenntnislose Instrumentalisierung des Vergangenen auf der eigenen Seite: Die Arbeiten zum kommunistischen Widerstand in den 1980er Jahren etwa zielten ebenso gegen die Verdrängung der Kommunisten aus dem bundesrepublikanischen Gedächtnis wie gegen die geschönten und verzerrten Bilder der heroischen Kämpfer, die auf der politischen Linken bestanden. Die Einigung zur Zwangsarbeiterentschädigung kam 1999 auch deshalb zustande, weil Geschichtsaktivisten von ihren Forderungen nach der Auszahlung entgangener Löhne abließen, denen ein falsches, weil auf die Industrie konzentriertes Bild der NS-Zwangsarbeit, zugrunde lag.

Die „Schwurstätte“ für die Bewahrung der Demokratie; Quelle: neues-deutschland.de
Wer es mit der Geschichte genau nimmt, kann sie im politischen Streit kaum als konkretes Argument nutzen. Und entsprechend ist es, neben der Skrupellosigkeit im Umgang mit den Ascheresten, gerade die politisch-historische Argumentation, mit denen die ZPS-Aktion die Tradition der kritischen Erinnerungskultur besonders negiert. Denn ihre Idee einer „Schwurstätte“ für die Bewahrung der Demokratie gründet auf einem antiquierten und im Kern apologetischen Geschichtsbild, das die kritische Geschichtsarbeit in den 1980er Jahren widerlegt hat: Der Fokus auf die „Übergabe“ der politischen Macht von „den Konservativen“ in die „Hände von Mördern“, die daraufhin den Holocaust in Gang setzten, stammt aus den 1950er Jahren. Attraktiv war diese Behauptung damals, weil dabei so scharf zwischen „Konservativen“ und „Nationalsozialisten“ getrennt wurde und – trotz aller Beihilfe – die Verantwortung für die Verbrechen bei „den Nationalsozialisten“ lag. Doch dieses Bild ist falsch. Die Errichtung der NS-Diktatur 1933 war kein Projekt der Nationalsozialisten, bei denen die Konservativen halfen, sondern das Ergebnis einer gemeinsamen Beseitigung der Demokratie von Rechts. Das „Ermächtigungsgesetz“ bildete dabei einen wichtigen Schritt. Aber von ihm war es ein widersprüchlicher Weg zum Holocaust, der selbst für die NS-Spitze 1933 noch nicht absehbar war. Auch diesen bahnten nicht „die Nationalsozialisten“, sondern eine Vielzahl an Akteuren, die sich zudem nach 1945 in allen Parteien der Bundesrepublik versammelten – nicht nur in der Union. Auch in seinen Verbrechen war der Nationalsozialismus ein Projekt, an dem die gesamte deutsche Gesellschaft Anteil hatte, und das sich deshalb nicht auf einfache Linien wie jene „vom Ermächtigungsgesetz nach Auschwitz“ reduzieren lässt.
Es weiterhin genau zu nehmen
Doch erst die einfache Gleichung erlaubt die Parallelisierung der Vergangenheit mit der gegenwärtig zweifellos wichtigen Frage, wie es die Union mit der AfD hält. Diese ist zu diskutieren und es ist vor dem Tabubruch einer Zusammenarbeit zu warnen. So antiquiert es klingen mag: Die Anerkennung der nationalsozialistischen Verbrechen und das Bekenntnis, an diese bleibend zu erinnern, mahnen uns zur Achtung von Demokratie, Toleranz und Menschenrechten, die eine Kooperation mit Rechtspopulisten verbietet. Aber mit der Geschichte lässt sich diese Mahnung nur abstrakt begründen, nicht konkret. Wer die kritische Erinnerungskultur heute gegen die Angriffe von Rechts, aber auch gegen zunehmende Routine und politische Instrumentalisierung verteidigen will, sollte nach Formen suchen, mit denen sich ihr zentrales Anliegen auch in den kommenden 20 Jahren bewahren lässt: es mit der Vergangenheit des Nationalsozialismus trotz des deutlich gewachsenen historischen Wissens weiterhin besonders genau zu nehmen.