Seit inzwischen sieben Jahren veröffentlicht das angeblich „unabhängige“ Onlinemagazin Geschichte der Gegenwart wöchentlich zwei Beiträge zu aktuellen Debatten. Es erhält dafür viel Zuspruch. Einige aber fragen sich: Wie ist das möglich? Welches Geld steckt hinter „GdG“?

  • GdG-Team

    Dies ist das gemeinsame Profil des Teams von Geschichte der Gegenwart. Die Liste aller Mitglieder finden Sie hier.

Der Enthül­lungs­jour­na­lismus feiert gerade Fest­spiel­wo­chen: Gele­akte Chat-Nachrichten und ein als Roman getarnter Augen­zeu­gen­be­richt halten seit Tagen das Medi­en­pu­blikum in Atem und öffnen Einblicke hinter die Kulissen des einfluss­reichsten deutsch­spra­chigen Medi­en­kon­zerns. Sichtbar werden dabei nicht nur „Fehl­ver­halten“ und Macht­miss­brauch einzelner Personen im Springer-Verlag. Die Enthül­lungen werfen vor allem ein Licht auf die internen Verlags­ab­läufe und zeigen ebenso direkte partei­po­li­ti­sche Einfluss­nahmen auf die eigene Zeitungs­be­richt­erstat­tung wie die damit verbun­denen Inter­essen. Auch wir werden von beson­ders kriti­schen Geis­tern immer wieder gefragt, wie Geschichte der Gegen­wart „funk­tio­niert“: Wer „hinter uns“ steht, wer uns „bezahlt“, wie „groß“ unsere Redak­tion ist oder wozu wir denn Abo-Einnahmen brau­chen, wo wir als „ein Uni-Projekt“ doch sicher mit „vielen Hiwis“ ausge­stattet sind… Deshalb lassen auch wir heute – frei­willig – die Hüllen fallen: für ein kurzes Frequently asked Ques­tions zu dem Geld und den Inter­essen, die hinter Geschichte der Gegen­wart stehen.

Wie ist Geschichte der Gegen­wart eigent­lich entstanden?

Geschichte der Gegen­wart entstand im Februar 2016 auf Initia­tive von Svenja Golter­mann – mit der ursprüng­li­chen Idee einer Platt­form, auf der primär Dokto­rie­rende der Univer­sität Zürich Inter­es­santes aus ihren Disser­ta­ti­ons­pro­jekten veröf­fent­li­chen könnten. Diese haben sich freund­lich bedankt und sich dann aber auf ihre Diss konzen­triert, wogegen ja nichts einzu­wenden war. Da die Platt­form aber nun einmal bereit­stand, hat die entste­hende Gruppe von ersten Herausgeber:innen begonnen, etwas weit­räu­miger Umschau nach Geistes- und Kulturwissenschaftler:innen aller akade­mi­schen Grade und Stufen zu halten, um sie als Autor:innen für unser neues Magazin zu gewinnen (den Begriff „Blog“ mochten wir schon damals nicht, aber daran soll’s nicht scheitern). 

Und welche Inter­essen stehen hinter dem Projekt?

Von diesem Anfang an waren drei Dinge sonnen­klar: Erstens, GdG war und ist kein Uni-Projekt. Die Univer­sität Zürich, an der viele von uns damals und heute arbeiten, hat GdG nie Ressourcen zur Verfü­gung gestellt oder gar finan­ziert – und wir haben sie nie darum gebeten. Diese Unab­hän­gig­keit war und ist uns wichtig. Zwei­tens: Wir als Herausgeber:innen arbeiten bis heute gratis. Einige von uns lassen unserem Betriebs­konto sogar regel­mäßig ein wenig Geld zukommen. Das Anspre­chen mögli­cher Autor:innen, das Redi­gieren der Texte, die Koor­di­na­tion im Herausgeber:innen-Team findet jeden­falls in unserer Frei­zeit statt . Und schließ­lich drit­tens: Auch unsere Autor:innen, die in der Regel an einer Univer­sität oder an Forschungs­in­sti­tu­tionen oder -projekten ange­stellt sind, schreiben ohne Honorar (mit Ausnahme von einigen wenigen frei­be­ruf­lich Tätigen). Das alles ist bis heute so und wird auch so bleiben.

Schön und gut mit Eurem Gratis-Engagement. Aber das alles kostet doch trotzdem was!

Natür­lich! Ange­fangen bei der Entwick­lung und dem regel­mä­ßigen Unter­halt der Webseite in tech­ni­scher und gestal­te­ri­scher Hinsicht, fallen für unseren normalen Betrieb beträcht­liche Kosten an. Diese IT-Kosten waren zu Beginn höher als heute, aber das nächste Update und die nächste Hacker­at­tacke kommen bestimmt, und da braucht unsere Technik im Hinter­grund dann Ressourcen, die zur Verfü­gung stehen müssen. Auch die Weiter­ent­wick­lung der Gestal­tung braucht Geld. Am meisten aber geben wir bewusst und mit Freude für die Stelle mit einem 45%-Pensum von Jule Govrin aus, die neben ihrer Forschung die Redak­tion macht und kurz gesagt, den Laden am Laufen hält. Und zudem denkt sich Nadia Pettan­nice  als Verant­wort­liche für Marke­ting und Kunden­kon­takt in einem etwa 10%-Job die Werbung aus und sorgt dafür, dass Sie als Leser:innen und Abonnent:innen ab und zu ein freund­li­ches persön­li­ches Wort von uns vernehmen.

Aha! Und woher kommt dann das Geld?

Den ersten, sehr substan­zi­ellen Finan­zie­rungs­schub verdankten wir der in Basel domi­zi­lierten Stif­tung für Medi­en­viel­falt – ohne sie hätte es GdG nie gegeben. Seit etwas mehr als zwei Jahren sind wir aber flügge geworden und finan­zieren uns voll­ständig über die Abo-Zahlungen via SteadyHQ –  einem in Berlin ansäs­sigen Unter­nehmen mit Start-up-Charme, das sich auf die Abo-Verwaltung von „neuen“ und „eigen­stän­digen“ Medi­en­pro­jekten wie eben GdG (und vielen anderen) spezia­li­siert hat. Keine Angst: Steady macht das ganz trans­pa­rent, in unserem Auftrag, und wickelt für ein kleines Entgelt (auf unsere Kosten) den ganzen Zahlungs­ver­kehr ab. Und noch ein Wort an die Schwei­ze­rinnen und Schweizer unter Ihnen: Das Ganze geschieht in Euro.

In Euro???

Ja, es geht leider nicht anders. Unser Konto führen wir dann aber gut schwei­ze­risch nicht bei der Credit Suisse, sondern immer schon bei der Post­Fi­nance in Bern. OK, mit einem kleinen Zwischen­schritt bei PayPal, aber keiner lebt in einer idealen Welt, obschon einma­lige oder regel­mäs­sige Spenden direkt auf unser Konto selbst­ver­ständ­lich auch immer sehr gerne gesehen sind (IBAN CH80 0900 0000 6171 2851 7 – Geschichte der Gegen­wart – Zürich).  Anyway, wir dürfen heute auf rund 750 Abonnent:innen zählen, die den weit über­wie­genden Teil zu unserem Budget beitragen. Dazu kommen immer wieder sehr will­kom­mene klei­nere oder auch etwas größere Zuwen­dungen von Leser:innen. Ihnen allen gilt unser ganz großer Dank – mit Ihrer Unter­stüt­zung können wir den laufenden Betrieb gerade aufrechterhalten. 

Na dann ist ja alles paletti! Oder reicht das etwa nicht?

Um ganz trans­pa­rent zu sein: es reicht eben nur gerade knapp, so unge­fähr Ober­kante Unter­lippe. Ehrlich gesagt: Um GdG zu erlauben, immer wieder Neues auszu­pro­bieren, mehr Über­set­zungen anzu­bieten oder Autor:innen zu gewinnen, die auf Hono­rare ange­wiesen sind oder unser Podcast-Angebot auszu­bauen (etc., etc…), träumen wir von der magi­schen Zahl von 1000 Abos. Aber wir denken, das sollte doch möglich sein, wenn man bedenkt, wie viele Menschen uns immer wieder sagen, wie gerne sie unsere Texte lesen ( auch wenn solch „symbo­li­scher“ Lohn natür­lich uns auch sehr hilft und moti­viert!). Und übri­gens kann man unsere Arbeit auch noch auf ganz anderem Wege unter­stützen: mit Texten! Wir freuen uns jeder­zeit über kriti­sche Perspek­tiven aus der Forschung zu Gegen­warts­fragen, auch über uner­war­tete Einsen­dungen. Also über­ra­schen Sie uns gerne mit Zwölf­tau­send Zeichen. Oder schi­cken Sie uns eine erste Idee und wir schauen, ob sie in das eigen­wil­lige GdG-Format passt.

Dann erzähl ich das doch direkt mal all meinen Freunden auf Face­book! Wirk­lich unab­hän­gigen Medien muss man doch helfen!!1!1!

Danke!

 

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